Neue Verschärfung des Waffenrechts geplant!

Schon vor der Nationalratswahl war bekannt, daß Änderungen des Waffengesetzes geplant sind. Nun liegt ein diesbezüglicher Entwurf vor, der es in sich hat.
Gleich vorweg, es handelt sich bei dem Entwurf um eine „Gesprächsgrundlage“ und nicht um einen offiziellen Entwurf, der zur Stellungnahme veröffentlicht wurde. Schon gar nicht handelt es sich um ein Gesetz. Wie weit die nunmehrigen Ideen des Innenministeriums einmal Gesetz werden, ist völlig offen.
Ausgangslage ist, daß Österreich ein Mahnschreiben der EU-Kommission wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Waffenrechtsrichtlinie und zwei Durchführungsrichtlinien erhalten hat. Ein solches Mahnschreiben würde mit höherer Wahrscheinlichkeit zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich führen, wenn die Umsetzung der Waffenrechtsrichtlinie nicht nachgebessert wird. Dies bedeutet, daß eine Novelle und damit Verschärfungen bedauerlicherweise erforderlich sind, möchte man sich nicht mit der EU-Kommission anlegen.
Wenn nun auch Verständnis von Legalwaffenbesitzern für gewisse Anpassungen, die natürlich allesamt Verschärfungen sind, besteht, dann ist doch leider festzustellen, daß die geplanten Änderungen überschießend sind und teilweise schwere (und nicht notwendige) Belastungen für den Waffenhandel und uns Legalwaffenbesitzer bringen.
Es wird zwar nicht der private Waffenbesitz an sich etwa verboten, es gibt aber relativ viele neue Detailregelungen, die wirklich belastend sind und deren Auswirkungen teilweise noch gar nicht voll abgeschätzt werden können.
Eine gravierende Verschärfung ist, daß jetzt auch Griffstücke zu wesentlichen Bestandteilen von Schußwaffen werden sollen und damit viele Einschränkungen gelten. Juristisch hat man dies dadurch gelöst, daß man aus der Bestimmung über wesentliche Bestandteile die Eigenschaft „gasdruckbelastet“ herausgenommen hat. Äußerst problematisch ist aber, daß damit Tür und Tor für alle noch soweit hergeholten Definitionen, was ein wesentlicher Bestandteil einer Waffe sein könnte, geöffnet wird. Bei der vorgeschlagenen Regelung ist es z.B. durchaus argumentierbar, daß auch Schlagstücke, Abzüge, Abzugsgruppen oder dergleichen wesentliche Bestandteile sind. Es ist unbedingt zu verhindern, daß Regelungen geschaffen werden, die viel Raum für Interpretationen schaffen. Dieser Interpretationsspielraum könnte nämlich zumindest von gewissen Waffenbehörden, von gewissen Verwaltungsgerichten, von gewissen Staatsanwaltschaften und von gewissen Gerichten ganz zuungunsten der Legalwaffenbesitzer genutzt werden.
In einer systematisch meines Erachtens völlig verunglückten Form werden auch Gegenstände zu Schußwaffen, die zum Verschießen von Schrot, einer Kugel oder eines anderen Geschoßes mittels Treibladung umbaubar sind. Dies bedeutet, daß selbst Gegenstände, die mit Sachkenntnis, Werkzeug oder spanabhebend umgebaut werden könnten, als Schußwaffen gelten können. Und wer weiß es dann vor einem Gutachten, ob man eine Waffe in Händen hält oder nicht? Niemand. Und solche Fallen und Unsicherheiten sind zu vermeiden.
Eine derartige Bestimmung im Waffengesetz muß äußerst kritisch gesehen werden.
Auch der Erwerb und Besitz wird neu geregelt. Der Erwerb von Waffen und Munition soll nämlich schon „durch die Einräumung deren Besitzes“ von statten gehen.
Abgesehen davon, daß diese Bestimmung Anlaß für alle möglichen Fehlinterpretationen und originelle Auslegungen gibt, könnte sogar argumentiert werden, daß durch eine mangelhafte Verwahrung bereits der Erwerb und Besitz durch anwesende Personen (die von der mangelhaften Verwahrung unter Umständen nicht einmal etwas wissen müssen) hergestellt wäre.
Soweit Jugendliche Schußwaffen auf Schießstätten benutzen, wurde eine Verantwortung für die sichere Verwahrung durch den gesetzlichen Vertreter geschaffen. Auch diese Bestimmung ist leider verunglückt, weil selbst gesetzliche Vertreter mit einem Waffenverbot für die sichere Verwahrung zu sorgen hätten.
Äußerst problematisch und strikt abzulehnen ist, daß jegliche Munition für Schußwaffen der Kategorie B nur Inhabern eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte überlassen und nur von diesen erworben und besessen werden dürfen. Was sind die Folgen dieser Regelung: Einerseits wird damit jegliche Munition für Schußwaffen der Kategorie B auch unter 6,35 mm Waffenpaß/WBK-pflichtig. Dies trifft vor allem auf die beliebten Kleinkaliberpatronen (.22 lr) zu, die nun den bisherigen strengen Regeln für Munition von Faustfeuerwaffen unterliegen sollen. Die Problematik der vorgeschlagenen Fassung geht aber noch weiter: Da man die Bestimmung für „Faustfeuerwaffen mit Zentralfeuerzündung“ auf Schußwaffen der Kategorie B abändert, ist auch jegliche Munition für Büchsen und Flinten Waffenpaß/WBK-pflichtig, die auch in halbautomatischen Langwaffen verschossen werden. Dies bedeutet, daß mit Ausnahme vielleicht von gewissen exotischen Kalibern, nahezu sämtliche Munition Waffenpaß/WBK-pflichtig wäre. Dies würde neben der administrativen Mehrbelastung für den Waffenhandel auch zu völlig absurden Ergebnissen führen, so daß beispielsweise ein Jäger ohne Waffenpaß oder Waffenbesitzkarte, der beispielsweise Büchsen in den Kalibern .223, .308 und .338 Winchester besitzt, plötzlich keine Munition für das Kaliber .243 Winchester mehr „anrühren“ dürfte.
Eine weitere Bestimmung, die man ablehnen muß, ist, daß in jedem Fall, in dem die Überlassung von Schußwaffen der Kategorie B mehr als drei Tage andauert, der Überlasser und der Erwerber die Überlassung der Schußwaffe der Kategorie B unverzüglich anzuzeigen haben. Dies hat beispielsweise zur Folge, daß selbst bei Reparaturen oder Einschießen durch den Büchsenmacher (das meiste dauert mehr als drei Werktage) unverzüglich angezeigt werden müßte.
Auch wenn man es vielleicht überliest, daß Wort „unverzüglich“ hat es in sich. Nach der derzeitigen Gesetzeslage haben im Falle der Veräußerung der Überlasser und der Erwerber die Überlassung der Schußwaffe der Kategorie B binnen sechs Wochen der Behörde anzuzeigen. Nunmehr werden die sechs Wochen durch unverzüglich ersetzt. Was bedeutet unverzüglich? Einerseits ist dies wieder ein unbestimmter Gesetzesbegriff, der Raum für auch absurde Meinungen bietet, aber selbst bei großzügiger Sicht der Dinge wird unverzüglich nicht mehr als 48 Stunden sein.
Das gleiche gilt übrigens auch für die Registrierung von Schußwaffen der Kategorie C, auch diese sollen nach der neuen Regelung unverzüglich beim Waffenfachhandel im ZWR registriert werden. Dies bedeutet, daß bei einem Privatkauf von einer Schußwaffe der Kategorie B praktisch sofort nach dem Abschluß des Geschäftes die Behörde verständigt werden muß und bei Schußwaffen der Kategorie C sofort (zumindest am nächsten Werktag) der Waffenfachhandel aufgesucht werden muß.
Auch für den Waffenfachhandel bringt dies enorme Belastungen, da jegliche Registrierung quasi sofort durchgeführt werden muß. Der Kunde muß sozusagen auf die sofortige Registrierung warten.
In diesem Zusammenhang soll auch gleich auf die neuen Strafbestimmungen eingegangen werden: Der bisherige Strafrahmen bei Verwaltungsstrafdelikten waren Geldstrafen bis € 3.600,00 oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen. Diese Bestimmung soll abgelöst werden von Mindeststrafen von € 900,00 bis zu maximalen Strafen von € 5.000,00 und im Wiederholungsfall von einer Mindeststrafe von € 1.800,00 bis zu maximal € 7.000,00 oder in allen Fällen Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen.
Diese Bestimmung muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Erstatte ich beispielsweise eine Registrierung erst nach einer Woche (und damit nicht unverzüglich), dann droht eine Geldstrafe von mindestens € 900,00 bis zu € 5.000,00. Werden beispielsweise zwei Gewehre nach einer Woche registriert, droht bereits eine Mindestgeldstrafe von € 2.700,00 (€ 900,00 + € 1.800,00) und eine Maximalstrafe von € 12.000,00. Dies sind existenzbedrohende Strafen!
Dazu kommt noch, daß die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Stufenregelung bei Erweiterungen der Waffenbesitzkarte ist. Wird daher die Schußwaffe der Kategorie C erst nach einer Woche registriert, zahlt man nicht nur astronomisch hohe Strafen, sondern ist auch von Erweiterungen der Waffenbesitzkarte praktisch ausgeschlossen.
Auch im Bereich des gerichtlichen Strafrechtes soll es eine Verschärfung geben: Bis dato war die Staatsanwaltschaft und das Gericht für die Bestrafung zuständig, wenn gegen ein bescheidmäßig verhängtes Waffenverbot gemäß § 12 WaffG verstoßen wurde. Der Verstoß gegen ein vorläufiges und bloß mündlich und dies oft zu Nachtzeit oder auch im Krankenhaus oder ähnliches ausgesprochenes vorläufiges Waffenverbot gemäß § 13 WaffG war mit einer Verwaltungsstrafe bedroht. Nun soll auch jede Verletzung von § 13 WaffG eine gerichtliche Strafe nach sich ziehen.
Hiezu ein Beispiel: Ein Ehepaar gerät in Streit. Dies geschieht öfters in den Abend- und Nachstunden. Einer der beiden Beteiligten ruft aus welchen Gründen die Polizei. Noch stark unter dem Eindruck des Streites gibt beispielsweise die Frau an, sie würde sich bedroht fühlen, der Mann hätte so bös und aggressiv mit ihr gesprochen. In solchen Situationen wird fast automatisch ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausgesprochen. Dies trifft in den meisten Fällen den Mann. Automatisch verbunden ist mit dem Betretungsverbot ein Waffenverbot. Der Mann wird von der Polizei aufgefordert seine Waffen und Munition auszufolgen. Im besten Wissen und Gewissen tut er dies und überreicht die Waffen und die Munition. In der Zwischenzeit ist es spät geworden, es ist vielleicht zwei Uhr in der Nacht. Müde vom Arbeitstag, vom nachfolgenden Streit, vom langwierigen Polizeieinsatz vergißt der Mann ein Päckchen Munition auszufolgen, welches er noch in seinem versperrten Waffenkoffer verwahrt hat.
Völlig angemessen ist dies nach der bisherigen Rechtslage ein Verwaltungsstrafdelikt. Nach der neuen Gesetzeslage bedeutet eine derartige geringfügige Fahrlässigkeit bereits eine gerichtliche Vorstrafe wegen einem Päckchen Munition!
Auch die Übergangsbestimmungen sind äußerst kompliziert und ziehen einen hohen verwaltungstechnischen Aufwand für die Waffenbehörden und die Waffenbesitzer nach sich. Insbesondere müssen alle wesentlichen Bestandteile von Schußwaffen nachregistriert werden. Wenn man nun noch bedenkt, daß die Definition der wesentlichen Bestandteile nicht eindeutig ist, dann kann man sich die Probleme bereits ausmalen.
Für „Nur-Waffenbesitzer“ wird es wahrscheinlich nicht so problematisch sein, sind Sie aber Segler oder Motorbootfahrer wird es Sie interessieren: Leuchtpistolen werden durch eine ebenfalls geplante Änderung des Pyrotechnikgesetzes zu Schreckschußwaffen. Das heißt bis dato freie Gegenstände, die von jedermann besessen werden dürfen, werden zu Waffen und unterliegen den erheblichen Einschränkungen von Waffen. Dies bedeutet, daß einerseits eine Verwahrungspflicht und andererseits ein Ausschluß für Jugendliche besteht.
Stellen sie sich nun das Beispiel vor, Vater und Sohn gehen am Neusiedler See segeln. Der Sohn ist 17 Jahre, das bedeutet, daß die Leuchtpistole vor ihm sicher verwahrt werden muß. Entweder hat man die Leuchtpistole immer bei sich (kommt sicher gut an, wenn man beispielsweise mit einer Badehose bekleidet ist), oder man versperrt die Leuchtpistole/Waffe. Wahrscheinlich kommt hier nur ein kleiner Safe oder zumindest ein massiver Kasten in Frage.
Kommt es jetzt zu einem Unfall, der Vater fällt ins Wasser, hat einen Herzinfarkt, das Boot beginnt zu sinken oder ähnliches, dann kann der 17-Jährige die Leuchtpistole nicht mehr benutzen. Diese muß ja bestens im Safe oder Kasten verwahrt sein. Das Seenotsignal darf und kann nicht mehr eingesetzt werden!
Alles in allem ist der vorliegende Entwurf, der noch viel umfangreicher ist, als ich an dieser Stelle darstellen konnte, in deutlichen Bereichen schwer überarbeitungsbedürftig. Um es nochmals zu sagen, um gewisse Anpassungen werden wir aufgrund der Rechtsmeinung der EU-Kommission nicht umhinkommen. Dies bedeutet aber nicht, daß überschießende Regelungen geschaffen werden müssen, Regelungen, die der Sicherheit nichts bringen, die einen enormen Aufwand für alle Beteiligte bedürfen, die Rechtsunsicherheit schaffen und die die Hürden zum legalen Waffenbesitz immer größer machen.
Wichtig ist, daß rasch, aber ohne extremen Zeitdruck konstruktive Lösungen erarbeitet werden, die die EU-Vorgaben umsetzen, aber nicht mehr. Die IWÖ wird sich hier weiter voll einbringen und alles daran setzen, daß es zu ausgewogenen Regelungen kommt.
DI Mag. Andreas Rippel
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Foto: © DI Mag. Andreas Rippel