Die USA und die Schußwaffen – Interview mit Lindy Cooper-Wisdom, einer Insiderin

Seit Jahren hören wir von Politikern und Medien gebetsmühlenartig immer wieder, wie furchtbar und entsetzlich doch die US-Verhältnisse seien. Der nahezu ungebremste Zugang der dortigen Bevölkerung zu Schußwaffen würde permanent zu Mord und Totschlag führen, der vielgescholtene zweite Zusatz zur US-Verfassung sei eigentlich ein Anachronismus der schon längst abgeschafft gehört. Was alle diese „Mahner“ so leichtfertig übersehen ist der Umstand, daß das sog. „Second Amendment“ weit mehr ist als der Garant für das Recht Waffen zu besitzen: den Gründervätern der USA war durchaus bewußt, daß der europäische Waffenbesitz als ein Privileg das Adels – also eines geringen Teils der Gesamtbevölkerung einer Nation – für totalitäre Regime günstig ist. Wir Europäer wissen aus leidvollen Erfahrungen, daß der Ausschluß von großen Teilen er Bevölkerung ausschließlich der Etablierung und Aufrechterhaltung von totalitäten Regimen dient. Und genau da setzt das „Second Amendment“ an: es ist das verfassungsrechtlich garantierte Bollwerk gegen einen totalen Staat und gegen totalitäre Entwicklungen. Das Second Amendment soll einen Ausgleich zwischen den Interessen des (abstrakten) Staates und den Rechten und Bedürfnissen der Menschen schaffen.
Und da seit einigen Monaten hier in Österreich die Diskussionen um Sinn oder Unsinn des legalen Waffenbesitzes nicht abreissen und als Negativbeispiel immer wieder die USA angeführt werden wollten wir es jetzt genau wissen und haben dazu eine Insiderin gefragt. Lindy Cooper-Wisdom, die Tochter von Jeff Cooper, des weltweit bekannten Schießtrainers für Polizei, Militär bzw. für Sportschützen allgemein, hat uns ein eindrucksvolles Interview für die IWÖ-Nachrichten mit interessanten Einblicken in die Mentalität der US-Bevölkerung gegeben. Man gewinnt den Eindruck, daß man sich dort von den Autoritäten bei weitem nicht alles das gefallen läßt, was bei uns in Europa möglich ist.
Nachfolgend unser Interview mit Lindy Cooper, übersetzt auf Deutsch von Gunter Hick
Zuerst möchten wir Sie bitten einen kurzen Abriß Ihres Lebens zu geben: wie war es, mit Jeff Cooper als Vater aufzuwachsen? Gab es für Sie schon früh Berührungspunkte zu Schußwaffen bzw. zum Schießsport? Wie kam Ihr Vater zu Waffen?
Mein Vater teilte das für amerikanische Jungen typische Interesse an Schusswaffen. Da aber sein Vater dieses Interesse nicht teilte, kam er durch seine Umgebung mit diesem Thema in Berührung. Sowohl durch Freunde und seinen älteren Bruder als auch durch die Lektüre von Abenteuergeschichten und der damals aktuellen Sportmagazine. An der Los Angeles High School trat er dem R.O.T.C. (Reserve Officer Training Corps) bei, und trainierte viel mit einem Springfield-Kleinkalibergewehr. Für die Mitglieder des Highschool-Gewehrteams wurde kostenlose Übungsmunition zur Verfügung gestellt. Daher setzte er sich dieses Ziel und sorgte dafür, dass er gut genug schoss, um ins Team zu kommen.
Erst später, als Offizier im United States Marine Corps und als Ehemann und Vater begann er sein lebenslanges Studium der Pistole. Ein gebrochener Ellbogen veranlasste ihn, nach einer Sportart zu suchen, die ihm bei der Rehabilitation seiner Verletzung helfen würde, und das war das Ziehen aus dem Holster und Schießen. Er begann mit der vom FBI gelehrten, einhändigen Hockstellung. Bald begann er sich zu fragen, warum das der Standard war, und der Rest ist Geschichte.
Wann begannen sie persönlich mit dem Schießen? Warum wurde im Hause Cooper geschossen? Aus sportlichen Gründen? War für Sie Schießen so normal wie die „regulären“ Freizeitaktivitäten anderer heranwachsender Menschen?
Meine Eltern hatten drei Töchter, und mein Vater brachte uns allen schon früh das Schießen bei, aber keine von uns begeisterte sich besonders dafür. Wenn wir Familienausflüge machten, hatte mein Vater immer eine KK Pistole dabei, und wir schossen abwechselnd auf Aluminiumdosen, die auf Zaunpfählen standen, aber keine von uns hatte eine Leidenschaft dafür. Schießen war ein normaler Teil unserer Familienaktivitäten.
Hatten Sie von Anfang an eine Begeisterung für den Schießsport oder entwickelte sich diese Passion erst später im Lauf Ihrer Beschäftigung damit?
Meine Leidenschaft ist die Jagd, die ich erst mit 44 Jahren entdeckte, als ich meine Eltern auf eine Jagdreise nach Afrika begleiten durfte. Als ich aufwuchs, kam es meinem Vater nicht in den Sinn, mich auf seine Jagdausflüge mitzunehmen. Ich habe nicht darum gebeten, und ich glaube, weil das damals für Mädchen nicht üblich war, kam es ihm nicht in den Sinn, mich zu fragen.
Welche Bedeutung haben Schußwaffen konkret für Sie – als was sehen Sie diese? Verteidigung? Sportgerät? Sammelgegenstand? Oder ist es noch etwas anderes?
Schusswaffen sind „die Zähne der Freiheit”, und in den Vereinigten Staaten garantiert uns der zweite Zusatzartikel zu unserer Verfassung das Recht, Waffen zu besitzen und zu tragen. Unsere Gründerväter wussten, dass eine bewaffnete Bevölkerung nicht so leicht unterdrückt oder in eine Diktatur gezwungen werden kann, und sie haben dafür gesorgt, dass dies Teil der Gründung unseres Landes wurde. Die erste Priorität einer jeden oppressiven Regierungsform ist es, die Bevölkerung zu entwaffnen.
Daher sind Schusswaffen grundlegend für ein Leben in Freiheit. Sie sind auch unverzichtbar zur Selbstverteidigung in einer gefährlichen Welt. Außerdem machen sie im sportlichen Sinne Spaß und sind als historische Artefakte und Kunstwerke sehr begehrte Sammlerstücke. Sie sind vieles, aber in erster Linie sind sie Waffen.
Ms. Cooper, Sie kennen auch Österreich. Wenn Sie nun Österreich bzw. Europa mit den USA vergleichen, sehen Sie hier Gemeinsamkeiten oder unterschiedliche Ansätze in der Frage des legalen privaten Waffenbesitzes bzw. dessen gesellschaftlicher Akzeptanz?
Aufgrund der Umstände der Gründung Amerikas sind wir weltweit einzigartig, was die Anerkennung der politischen Bedeutung von Schusswaffen angeht. Sollten wir jemals zulassen, dass der zweite Zusatzartikel unserer Verfassung aufgehoben, ignoriert oder verworfen wird, würden wir uns als freieste Nation der Welt auf den Weg in den Untergang begeben. Ich hoffe, dass dies niemals geschehen wird.
Wie beurteilen Sie die unterschiedlichen Waffengesetze in den verschiedenen Bundesstaaten der USA? Kann man sagen, es gibt ein „US-amerikanisches Waffenrecht“?
In den Vereinigten Staaten gibt es viele verschiedene Regeln und Vorschriften, die sich von Bundesstaat zu Bundesstaat hinsichtlich der Verwendung und des Besitzes von Schusswaffen unterscheiden, aber wir kommen immer wieder auf den zweiten Verfassungszusatz zurück, der das Gesetz ist, das für alle Bundesstaaten gelten soll. Aus diesem Grund landen Streitigkeiten in diesem Bereich fast immer vor dem Obersten Gerichtshof, und das Ergebnis wird durch die Auslegung des Wortlauts des zweiten Verfassungszusatzes bestimmt. Diejenigen, die uns entwaffnen wollen, bemühen sich sehr, die Bedeutung der Worte dieses Zusatzartikels neu zu interpretieren, sind damit aber bisher gescheitert.
Würden Sie die Ansicht des Kriminologen John Lott teilen, dessen Standardwerk „More Guns, less Crime“ einen deutlichen Verbrechensrückgang bei höherer Dichte legaler Schußwaffen nachweist?
Ich stimme John Lott voll und ganz zu.
Wie beurteilen Sie die Bedeutung des Second Amendment, vor allem im Hinblick auf totalitäre Entwicklungen in der Politik?
Unser zweiter Verfassungszusatz ist für unsere Fähigkeit, unsere Position in der Welt zu behaupten, von entscheidender Bedeutung.
Sie sind im Bereich der Schulung von Schützen tätig. Was macht die Jeff Cooper Legacy Foundation? Gibt es Verbindungen zur NRA?
Die Jeff Cooper Legacy Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, das Vermächtnis meines Vaters in Bezug auf Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Exzellenz, Gelehrsamkeit, Ehre, Integrität und Patriotismus fortzuführen. Dazu machen wir seine Schriften allen zugänglich, bewahren seine privaten Sammlungen und Unterlagen auf und unterstützen finanziell Studenten der Schießkunst sowie Hochschulen, die die Ideale von Jeff Cooper teilen.
Lindy, wie sehen Sie die Bedeutung des legalen Waffenbesitzes im Wandel der Zeit? Welche Bedeutung hat er aktuell?
Ich sehe keinen Grund, warum sich der legale Waffenbesitz im Laufe der Zeit ändern sollte. Er ist so grundlegend für das Leben in einem freien Land, dass er nur dann geändert werden muss, wenn Freiheit und Unabhängigkeit als politische Möglichkeiten verschwinden. Ich hoffe aufrichtig, dass dies niemals geschehen wird.
Darf ich noch eine provokante Abschlußfrage stellen? Ist der private Waffenbesitz überhaupt noch zeitgemäß?
Natürlich!! Der private Waffenbesitz ist heute so zeitgemäß, wie er auch früher war. Die Möglichkeit, sich selbst ein Leben zu schaffen, in dem man für seine individuellen Anstrengungen die bestmögliche Belohnung erhält, hängt von der Freiheit ab, dies zu tun. Das ist es, was die Vereinigten Staaten seit jeher bieten, und deshalb haben so viele Menschen aus aller Welt versucht, hier ihr Leben zu verbringen. Ich hoffe aufrichtig, dass dies immer so bleiben wird.
Lindy, ich danke sehr herzlich für dieses Gespräch!
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Das Interview mit Lindy Cooper-Wisdom wurde natürlich in Englisch geführt. Wer selbiges in der originalen Sprache lesen möchten nachfolgend der unübersetzte Text:
First, we would like to ask you to give us a brief overview of your life: what was it like growing up with Jeff Cooper as your father? Did you have any early contact with firearms or shooting sports? How did your father get into guns?
My father had a typical American boy’s interest in firearms, but his father was not a shooter, so his exposure was through friends, his older brother and reading, both adventure stories and the current sporting magazines of the day. When he was in high school (Los Angeles High School), he joined the R.O.T.C. (Reserve Officer Training Corps) where he enjoyed a great deal of practice with a 22 Springfield rifle. He discovered that if he shot well enough to make the high school rifle team, the ammunition was free, so that became his goal and he made sure to make the team.
It was not until he was an officer in the United States Marine Corps and a husband and father that he began his lifelong study of the pistol. A broken elbow caused him to seek out some form of exercise that would rehabilitate his injury and that turned out to be drawing from a holster and shooting. He started with the one-handed crouch taught by the F.B.I. Soon, he put his mind to questioning why that was the standard and the rest is history.
When did you personally start shooting? Why did the Cooper family shoot? For sporting reasons? Was shooting as normal for you as the “regular” leisure activities of other adolescents?
My parents had three girls and Dad taught all of us to shoot at an early age, but none of us took to it to any great degree. When we would go on family picnics, Dad would always bring along a 22 pistol and we would take turns shooting aluminum cans off of fence posts, but it was not a passion for any of us. Shooting was a normal part of family activities.
Were you enthusiastic about shooting sports from the beginning, or did this passion develop later as you became more involved?
My passion is hunting and I did not discover this until I was 44 years old and was able to accompany my parents on a hunting trip to Africa. Dad did not think to take me on his hunting trips when I was growing up. I did not ask and I think, because this was long ago and I was a girl, he did not think to ask.
What specific significance do firearms have for you—how do you view them? As a means of defense? Sports equipment? Collectibles? Or is it something else?
Firearms are „Liberty’s Teeth“ and, in the United States, the Second Amendment to our Constitution guarantees us the right to keep and bear arms. Our founding fathers knew that an armed population cannot easily be coerced or oppressed or dictated to and they made certain to make that part of the founding of our country. The first thing that any oppressive form of government seeks to do is disarm the general public.
Thus, firearms are basic to living as a free people. They are also key to self-defense in a dangerous world. They are also fun in a sporting sense and highly collectible as historical artifacts and as works of art. They are many things, but firstly they are weapons.
Ms. Cooper, you are also familiar with Austria. When you compare Austria or Europe with the US, do you see similarities or differences in the approach to legal private gun ownership and its social acceptance?
Because of the circumstances of the founding of America, we are unique in the world as to recognizing the political importance of firearms. If we ever allow the Second Amendment of our Constitution to be repealed or ignored or discarded, we will be on the road to our destruction as the freeest nation on earth. I hope that never comes to pass.
How do you assess the different gun laws in the various states of the US? Can we say that there is such a thing as “US gun law”?
There are many different rules and regulations that differ from state to state in the United States as to the use and ownership of firearms, but we always come back to the Second Amendment, which is the law that is supposed to govern all states. This is why disputed in this area almost always make their way to the Supreme Court and the outcome is determined by the interpretation of the wording of the Second Amendment. Those who seek to disarm us try very hard to re-interpret the meaning of the words of that amendment, but so far have failed.
Would you share the view of criminologist John Lott, whose seminal work “More Guns, Less Crime” demonstrates a significant decline in crime when there is a higher density of legal firearms?
I absolutely agree with John Lott.
How do you assess the significance of the Second Amendment, especially in view of totalitarian developments in politics?
Our Second Amendment is vital to our ability to maintain our position in the world.
You are involved in training marksmen. What does the Jeff Cooper Legacy Foundation do? Are there any connections to the NRA?
The Jeff Cooper Legacy Foundation is a non-profit charitable organization which seeks to perpetuate my father’s legacy of self-reliance, individual responsibility, excellence, scholarship, honor, integrity and patriotism. We do this by making his writings available to all, maintaining his private collections and papers, and providing financial assistance to students of marksmanship, as well as institutions of higher learning who share Jeff Cooper’s ideals.
One of our endowments is to the NRA’s Whittington Center, where we provide funds to maintain and enhance the Cooper Range, which is a shooting facility available to all.
Lindy, how do you see the significance of legal gun ownership changing over time? What significance does it have today?
I do not see that legal gun ownership should change over time. It is so basic to life in a free country that it only needs to change if freedom and liberty become extinct as political possibilities. I sincerely hope that never comes to pass.
May I ask one more provocative final question? Is private gun ownership still appropriate in this day and age?
Of course!!! Private Gun Ownership is today as contemporary as it used to be.” The ability to create for oneself a life of the best possible reward for one’s individual effort depends upon the freedom to do so. That is what the United States has always provided and that is why so many people from all over the world have sought to live their lives here. It is my sincere hope that that will always be so.
Lindy, thank you very much for this interview!
Text & Interview: DI Mag. Andreas Rippel
Foto: DI Mag. Andreas Rippel

