Angriff auf das Sportschießen
Mit einer folgenschweren Entscheidung versucht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das Sportschießen zu verhindern.
Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Welt der Sportschützen noch in Ordnung. Zwar bekamen verläßliche Personen eine Waffenbesitzkarte immer nur für zwei Stück Faustfeuerwaffen (nunmehr Schußwaffen der Kategorie B) ausgestellt, für Sportschützen war es aber nicht allzu schwierig eine Erweiterung der Waffenbesitzkarte zu erreichen. Man mußte Mitglied in einem Sportschützenclub sein und dort das Sportschießen in verschiedenen Disziplinen ausüben. Die Behörden prüften naturgemäß die waffenrechtliche Verläßlichkeit des Antragsstellers und es mußte ein entsprechendes Empfehlungsschreiben des Sportschützenclubs beigelegt werden.
Obwohl die für Sportschützen relevanten Bestimmungen des Waffenrechtes eigentlich nicht wirklich verändert wurden, begannen die Anforderungen für Sportschützen mit Geltung des Waffengesetzes 1996 immer zu steigen. Plötzlich war die Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein nicht mehr ausreichend, der Antragssteller mußte eine „schießsportliche Entwicklung“ nachweisen, er mußte geschult sein und an entsprechenden Trainingsveranstaltungen teilgenommen haben.
Schritt für Schritt wurden die Anforderungen angehoben, plötzlich mußten die Antragsteller auch in den „Erweiterungsdisziplinen“ bereits Wettkämpfe geschossen haben, etc.
Auch wurde die Selbstverteidigung als zusätzliche Rechtfertigung nicht oder nur sehr schwer anerkannt, einem Sportschützen wird zugemutet, er könne sich ja auch mit einer Sportwaffe verteidigen.
Bei manchen Waffenbehörden funktionierten die Erweiterungen von Waffenbesitzkarten für Sportschützen zumindest bei wirklich ernsthaften Sportschützen (mit regelmäßigem Training und Wettkampfteilnahmen) trotzdem halbwegs, bei manchen Behörden hatte man demgegenüber das Gefühl, daß man geradezu krampfhaft immer neue Anforderungen suchte, damit sie Sportschützen nicht erfüllen können. Die Ideenvielfalt ist hier groß, manche Behörden (quer über das Bundesgebiet) waren hier sehr erfinderisch im Aufstellen von neuen Anforderungen.
Um diese komplizierten und aufwendigen Verfahren für Sportschützen etwas zu vereinfachen und Erweiterungen zumindest im kleinen Ausmaß zulässig zu machen wurde 2013 die Bestimmung des § 23 Abs. 2b WaffG zusätzlich eingeführt:
Vereinfacht gesagt wurde hier für Sportschützen die Möglichkeit geschaffen nach fünf Jahren eine Erweiterung von zwei auf vier Stück und nach weiteren fünf Jahren (gesamt sohin mindestens zehn Jahren) eine Erweiterung von vier auf fünf Stück beantragen zu können. Nach den Gesetzesmaterialien sollte hier die Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein in der Regel ausreichend sein. Als Voraussetzung wurde festgesetzt, daß keine Übertretung des Waffengesetzes vorliegen darf (auch nicht die kleinste) und es ist glaubhaft zu machen, daß für die sichere Verwahrung der größeren Anzahl an Schußwaffen Vorsorge getroffen wurde.
Völlig unverändert wurde die bisherige Bestimmung des § 23 Abs. 2 WaffG belassen, daß die Ausübung des Schießsportes eine Rechtfertigung darstellt. Wie ausgeführt ist dafür aber die Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein nicht ausreichend, es muß quasi eine „Notwendigkeit“ für die Erweiterung bestehen, der Sportschütze muß eine schießsportliche Entwicklung nachweisen, in verschiedenen Disziplinen trainiert haben, Wettkämpfe mit Leihwaffen geschossen haben, etc.
Zusammengefaßt gab es sohin ab 2013 für Sportschützen zwei verschiedene Arten der Erweiterung und zwar die herkömmliche, wo es keine Mindestzeiten (5 Jahre und 10 Jahre) und keine Limitierung der Anzahl der Waffen gab, aber strenge Anforderungen aufgestellt werden (Training, Schießen von Wettkämpfen in verschiedenen Disziplinen mit Leihwaffen, etc.) und die vereinfachte Art, wo eben in der Regel die Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein ausreichend ist, aber eben maximal vier Stück nach fünf Jahren und fünf Stück Schußwaffen der Kategorie B nach zehn Jahren gewährt werden.
In Oberösterreich ereignete sich nun ein Fall, wo eine Sportschützin bei ihrer zuständigen Bezirkshauptmannschaft eine Erweiterung ihrer Waffenbesitzkarte beantragte. Die Sportschützin trainierte in verschiedenen Disziplinen, konnte auch mit Leihwaffen Wettkämpfe nachweisen etc. Die Antragstellerin war aber noch nicht fünf Jahre im Besitz ihrer Waffenbesitzkarte.
Die zuständige Waffenbehörde lehnte den Antrag ab und begründete diese Abweisung damit, daß eben noch zu wenig Wettkämpfe geschossen wurden, daß es der Sportschützin zumutbar wäre, mit Leihwaffen weiter das Sportschießen auszuüben, etc. Die Waffenbehörde stützte sich bei ihrer Abweisung auf § 23 Abs. 2 WaffG und vermeinte eben, daß die Anforderungen noch nicht erfüllt sind.
Soweit so schlecht, aber soweit noch üblich. Die Anforderungen für Erweiterungen sind eben sehr hoch und vermeinte eben die Waffenbehörde, daß diese von der Sportschützin noch nicht erfüllt seien. Sie solle eben weiterhin mit Leihwaffen trainieren, etc.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingebracht. Und jetzt begann das Besondere:
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sah seine Chance gekommen um das Sportschießen „abzudrehen“ Der zuständige Richter hatte nämlich die „bestechende Idee“ § 23 Abs. 2 WaffG für Sportschützen seiner Anwendung zu berauben, daß heißt Sportschützen könnten nach seiner Auffassung nach den herkömmlichen Bestimmungen überhaupt keine Erweiterungen mehr bewilligt bekommen.
Übrig soll nur mehr § 23 Abs. 2b WaffG bleiben, dies bedeutet, daß für Sportschützen die erste Erweiterung von zwei auf vier Stück erst nach fünf Jahren und eine Erweiterung von vier auf fünf Stück erst nach zehn Jahren möglich wäre. Ein Sportschütze müßte daher fünf Jahre mit zwei Stück Schußwaffen der Kategorie B das Auslangen finden und in der Folge für weitere fünf Jahre mit vier Stück Schußwaffen der Kategorie B. Erst nach zehn Jahren könnten einem Sportschützen fünf Stück Schußwaffen der Kategorie B bewilligt werden. Erweiterungen über fünf Stück hinaus wären völlig ausgeschlossen.
Daß diese Interpretation des Gesetzes gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes verstößt, störte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht. Wie schon im Zusammenhang mit den Entscheidungen zu den Waffenpässen für Jäger soll einfach der legale Waffenbesitz so gering als nur irgendwie möglich gehalten werden. Daß zwei Schußwaffen der Kategorie B nur für Anfänger ausreichend sind und daß engagierte Sportschützen eindeutig mehr als fünf Schußwaffen der Kategorie B benötigen und dies nicht erst nach zehn Jahren, interessierte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht.
Daß es sogar Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gibt, die zumindest indirekt diese Rechtsmeinung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht teilt, war auch nicht von Interesse.
Der Kreuzzug gegen die legalen Waffenbesitzer soll zumindest in Oberösterreich fortgesetzt werden.
Gegenständliche Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Bedauerlicherweise zeigt sich der Verwaltungsgerichtshof unter seinem neuen Präsidenten Dr. Thienel als waffenrechtlich sehr restriktiv. Es wird sich zeigen, ob nun der Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich teilt und dem Sportschießen den Todesstoß gibt oder nicht.
An dieser Stelle wird darüber berichtet werden.
Mag. iur. Eva-Maria Rippel-Held