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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Ein Aufruf zur Besonnenheit

Die Bluttat von Graz, der wahllose Mord an 10 Menschen durch einen einzelnen Täter innerhalb weniger Minuten hat uns alle tief betroffen gemacht. Es ist nicht nur legitim, sondern auch richtig, daß man darüber nachdenkt wie solche Fälle vermieden oder (noch) unwahrscheinlicher gemacht werden. Auch die IWÖ und wahrscheinlich jeder Legalwaffenbesitzer unterstützt derartige Bestrebungen.

Um zu verhindern, daß man in einen blinden und sinnlosen Aktionismus verfällt, sollte man aber die Umstände im Detail kennen und die Gegebenheiten analysieren.

Gleich einleitend ist ganz deutlich darauf hinzuweisen, daß es sich nicht um einen Amoklauf gehandelt hat, sondern um ein klassisches School Shooting. Der Täter hat sich monatelang auf sein mörderisches Handeln vorbereitet und hat Mittel und Wege gesucht möglichst bestialisch vorzugehen. Was bedeutet dies: Der Täter hatte zwar eine Waffenbesitzkarte und durfte sich damit Schußwaffen kaufen, es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß sich dieser Täter von seinem wohlgeplanten und überlegten Vorhaben abhalten hätte lassen, wenn er keinen Zugang zu legalen Schußwaffen gehabt hätte. Das Auffinden einer Rohrbombe beim Täter ist hier symptomatisch, auch derartige Bomben sind unzulässig, trotzdem ist es dem Täter gelungen eine solche zu besorgen und/oder zu bauen. Es ist nämlich ein Faktum, daß illegale Schußwaffen in Österreich zu erhalten sind, auch mit Hilfe des 3D Druckers läßt sich einiges bewerkstelligen.

Also, das Waffenrecht kann allenfalls verhindern, daß derartige Taten mit legalen Schußwaffen begangen werden, die Tat an sich, die Verwendung von Schußwaffen an sich ist hingegen nur schwer verhinderbar.

Klar dürfte auch sein, daß dem Täter eine Waffenbesitzkarte ausgestellt wurde, obwohl er aus psychischen Gründen von der Stellungskommission als untauglich für das österreichische Bundesheer erklärt wurde. Wenn man den Wortmeldungen der österreichischen Bundesregierung folgt, dann entsteht der Eindruck, daß starker Nachbesserungsbedarf beim Waffengesetz besteht, da die Waffenbehörde von diesem Test im Rahmen der Stellung nichts wußte. Es wird von den Staatsspitzen suggeriert, daß das Waffengesetz und der Datenschutz schuld seien, daß dem Täter eine Waffenbesitzkarte ausgestellt worden ist und es wird weiter suggeriert, daß eine Waffenbesitzkarte von der Behörde bei korrekter Handlungsweise auch auszustellen gewesen ist.

Dem muß ich deutlich widersprechen: Der Täter mußte auf Basis des bestehenden Gesetzes Unterlagen über seinen Präsenzdienst vorlegen. Dies bedeutet, daß er im gegenständlichen Fall bei der Waffenbehörde Unterlagen über seine Untauglichkeit vorlegen mußte. Die Waffenbehörde hat sohin gewußt, daß der Betroffene untauglich ist. Warum ist eine betroffene Person untauglich? Wohl in der weit überwiegenden Zahl der Fälle aus medizinischen Gründen. Dies bedeutet, daß allein der Umstand der Untauglichkeit ein Indikator, ein Anhaltspunkt für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aus medizinischen Gründen ist. Dies bedeutet nicht, daß deswegen die Waffenbehörde die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte zu verweigern hat, dies bedeutet aber sehr wohl, daß sie zu überprüfen hat, ob die Verläßlichkeit aus medizinischen Gründen gegeben ist oder nicht. Nach der Judikatur und der Behördenpraxis genügen für derartige Überprüfungen geringe Anhaltspunkte. Deutlichere Anhaltspunkte wie eine Untauglichkeit gibt es wohl nicht.

Warum im gegenständlichen Fall eine derartige verpflichtende Überprüfung durch die Waffenbehörde nicht stattgefunden hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Natürlich sind auch meine Informationen geringer als die Informationen der Polizei, aber man kann guten Gewissens sagen, daß es zumindest wahrscheinlich ist, daß im Waffenbesitzkartenerteilungsverfahren Fehler passiert sind. Trotz Anhaltspunkten für eine medizinische Unzuverlässigkeit dürften keine speziellen Überprüfungen durchgeführt worden sein.

Um nicht falsch verstanden zu werden, wahrscheinlich kein Legalwaffenbesitzer wird sich dagegen wehren, daß im Wege einer Gesetzesänderung die Daten der Stellungskommission auch den Waffenbehörden zur Verfügung gestellt werden. Das macht es für die Waffenbehörden sicherlich einfacher, darf aber den Blick nicht darauf zu verstellen, daß bei korrekter Vollziehung des bestehenden Waffengesetzes vermutlich im gegenständlichen Fall keine Waffenbesitzkarte ausgestellt hätte werden dürfen.

Weiters wird von vielen Seiten behauptet, der waffenpsychologische Test würde nicht dem letzten wissenschaftlichen Stand der Psychologie entsprechen. Es bedürfe daher einer Gesetzesänderung, um hier modernere Tests festzuschreiben.

Auch diese Behauptungen sind falsch, das bestehende Waffengesetz ist voll ausreichend: Es ist nämlich Aufgabe des Bundesministers für Inneres durch Verordnung die anzuwendenden Testverfahren und die dabei einzuhaltende Vorgangsweise festzulegen.

Warum der Innenminister hier nicht tätig geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber auch in diesem Bereich war nicht das Gesetz schuld und besteht beim Gesetz kein Anpassungsbedarf, sondern liegt die Verantwortung diesbezüglich ausschließlich beim Innenminister.

Die IWÖ hat bereits bei den geplanten Verschärfungen im Zusammenhang mit der EU-Waffenrechtsrichtlinie teilweise eine gewisse Zustimmung oder sagen wir besser Verständnis signalisiert. Auch aufgrund des furchtbaren School Shootings in Graz besteht Verständnis für gewisse Anpassungen und Modifikationen.

Wofür aber von Seiten der IWÖ kein Verständnis besteht ist, daß nahezu 400.000 Legalwaffenbesitzer fast schon als staatsgefährdend angesehen werden und ihnen unterstellt wird, potentielle Mörder und Amokläufer zu sein. Das österreichische Waffengesetz hat für viele Jahrzehnte gezeigt, daß es ein vernünftiges Gesetz ist und einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen bietet. Ein einziger Vorfall durch einen Menschen, dem auf Basis des bestehenden Gesetzes keine Waffenbesitzkarte ausgestellt hätte werden dürfen, wobei der traurige Vorfall mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso nicht zu verhindern gewesen wäre, darf nicht Anlaß sein von Bewährtem abzugehen und in einer Art von Hysterie 400.000 Menschen unter Pauschalverdacht zu stellen.

RA DI Mag. Andreas Rippel
Präsident der IWÖ

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Foto: copyright  BKA/ Andy Wenzel

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