Erfreuliche Nachrichten im Zusammenhang mit Wechselsystemen – aber …

Die Problematik des Besitzes von Wechselsystemen und des dazu passenden Griffstückes bei Registrierung lediglich des Wechselsystems im Zentralen Waffenregister ist weiterhin ungelöst.
Manche Behörden führen nahezu einen Kreuzzug gegen die Legalwaffenbesitzer, manche Behörden warten hingegen ab. Nunmehr gibt es ein wesentliches Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, die belangte Bezirkshauptmannschaft hat es sich aber nicht nehmen lassen, dieses Erkenntnis sofort mit einer Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof zu bekämpfen.
Die Problematik ist bekannt: Die Behörde hat im Waffenpaß und in der Waffenbesitzkarte die Anzahl der Schußwaffen der Kategorie B, die der Berechtigte besitzen darf, festzusetzen. Zusätzlich zu dieser Anzahl von Schußwaffen ist der Erwerb und Besitz der doppelten Anzahl an wesentlichen Bestandteilen von Schußwaffen der Kategorie B erlaubt. Unter wesentlichen Bestandteilen von Schußwaffen werden Lauf, Trommel, Verschluß, Rahmen, Gehäuse und andere diesen entsprechenden wesentliche Bestandteile von Schußwaffen, sofern sie bei der Schußabgabe gasdruckbelastet, verwendungsfähig und nicht Kriegsmaterial sind, verstanden.
Wechselsysteme, beispielsweise von Pistolen, bestehen zumeist aus Lauf und Gehäuse, sind daher ein wesentlicher Bestandteil von Schußwaffen. Griffstücke (lower receiver) sind hingegen keine wesentlichen Bestandteile von Schußwaffen, der Besitz von Griffstücken (lower receiver) ist in Österreich daher frei. Korrekt müßte man eigentlich „noch frei“ sagen, der IWÖ ist nämlich bekannt, daß im Innenministerium bereits Pläne gewälzt werden Griffstücke auch den Regelungen des Waffengesetzes zu unterwerfen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden daher Griffstücke nicht frei bleiben.
Die Problematik ist nun dadurch entstanden, daß Menschen Wechselsysteme und davon getrennt (freie) Griffstücke/lower reveiver erworben haben, wobei lediglich das Wechselsystem (im Regelfall) vom befugten Waffenfachhändler als Zubehörteil im Zentralen Waffenregister (ZWR) registriert wurde. Da das Griffstück frei ist, wurde dieses nicht registriert. Es erfolgte auch keine Registrierung als gesamte Waffe der Kategorie B.
Diesbezüglich lag ein Schriftstück des Bundesministeriums für Inneres vor, welches bestätigte, daß diese Vorgangsweise rechtskonform ist, sofern das Wechselsystem getrennt vom Griffstück ist. Lediglich am Schießstand durfte daher Wechselsystem und Griffstück zusammengebaut und verwendet werden. Besaß man keine „freien Plätze“, dann verwirklichte der Zusammenbau außerhalb des Schießstandes den Tatbestand des unbefugten Waffenbesitzes. Man besaß ja eine gesamte Schußwaffe der Kategorie B ohne die entsprechende Berechtigung.
In den IWÖ-Nachrichten habe ich ausführlich darüber berichtet, daß aufgrund eines Urteiles des Landesgerichtes Eisenstadt das Innenministerium seine Rechtsmeinung geändert hat und nunmehr ein Schreiben vorliegt, welches zusammengefaßt ausführt, daß Wechselsystem und Griffstück/lower receiver nur dann (zusammen) erworben werden dürfen, wenn ein freier Platz besteht und eine Registrierung als Schußwaffe der Kategorie B – und nicht nur bloß als Wechselsystem – durchgeführt wird.
Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß weder das ursprüngliche noch das nunmehrige Schreiben des Innenministeriums eine Bindungswirkung oder eine verbindliche Wirkung hat. Es handelt sich um die Darlegung der Rechtsmeinung des Innenministeriums, diese Rechtsmeinung ist sicherlich interessant und wichtig, aber dennoch besteht keine Verpflichtung der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofes und auch der Staatsanwaltschaften oder der Strafgerichte diese Rechtsmeinung zu übernehmen.
Da die Problematik des Besitzes eines Wechselsystems und eines Griffstückes/lower receiver bei der bloßen Registrierung des Wechselsystems als Zubehörteil aufgrund verschiedener Umstände bei diversen Waffenbesitzern „aufpoppte“, wurden Strafverfahren wegen unbefugtem Waffenbesitz und Verwaltungsverfahren auf Entziehung der waffenrechtlichen Dokumente (Waffenpaß und Waffenbesitzkarte) eingeleitet.
Hierbei haben sich nun gute Entwicklungen gezeigt, die Angelegenheit ist aber keinesfalls ausgestanden:
Wie ausgeführt wurden gegen die betroffenen Waffenbesitzer und gegen die betroffenen Waffenfachhändler Strafverfahren eingeleitet. Da es sich um Offizialdelikte handelt, mußte die Staatsanwaltschaft einschreiten. Erfreulich ist nun, daß verschiedene Staatsanwaltschaften die jeweiligen Verfahren, ohne Anklage zu erheben, eingestellt haben.
Dies ist erfreulich, aber noch kein abschließender „Game-Winner“: Jede Straftat muß einerseits objektiv verwirklicht sein, zusätzlich muß auch Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen. § 50 WaffG, das heißt der verbotene Waffenbesitz, ist ein Vorsatz- und ein Fahrlässigkeitsdelikt. Dies bedeutet man ist strafbar, wenn man „absichtlich“ (korrekt mit Wissen und Wollen, das heißt mit Vorsatz) den Straftatbestand verwirklicht, es reicht aber auch, wenn man die gebotene Sorgfalt außer acht läßt und deswegen den Straftatbestand verwirklicht.
Die Staatsanwaltschaften haben nun die Strafverfahren eingestellt, weil weder ein Vorsatz noch eine Fahrlässigkeit erweisbar war. Dies bedeutet, daß man den Betroffenen keinen Schuldvorwurf machen konnte. Dies bedeutetet aber nicht, daß der Besitz von Wechselsystem und Griffstück/Gehäuse bei Registrierung bloß des Wechselsystems zulässig ist. In den vergangenen Fällen und unter Zugrundelegung des damaligen Informationsstandes (altes Schreiben des Bundesministeriums für Inneres) ist es den Betroffenen eben nicht vorzuwerfen, daß sie bloß das Wechselsystem registriert hatten. Wie weit dies aber für neue Fälle gilt, ist nicht entschieden. Es ist nicht entschieden, ob das Verhalten an sich korrekt ist oder nicht.
Darüber hinaus gibt es ein erfreuliches Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG Niederösterreich 16.01.2025, GZ LVwG-AV-1363/001-2024). Bei dem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu prüfenden Fall hatte der Waffenbesitzer zwei Wechselsysteme und zwei Griffstücke für Pistolen gekauft, wobei der Waffenfachhändler lediglich die beiden Wechselsysteme eintrug. Die Wechselsysteme waren getrennt von den Griffstücken. Das Besondere war aber, daß der Waffenbesitzer auch zwei zusätzliche freie „vollwertige“ Plätze für Pistolen hatte. Dies bedeutet, daß der Waffenbesitzer Wechselsystem und Griffstück auch jeweils als gesamte Waffe problemlos hätte eintragen lassen können.
Trotz dieser Umstände hat die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn mit Bescheid die Waffenbesitzkarte entzogen. Begründet wurde diese Entziehung damit, daß beim Besitz von Wechselsystem und Griffstück eine gesamte Waffe registriert werden muß und da dies nicht geschehen sei, hätte sich der Waffenbesitzer wissentlich über waffenrechtliche Bestimmungen hinweggesetzt, sodaß nunmehr eine Unzuverlässigkeit vorliegen würde.
Mit Rechtsschutz über die IWÖ wurde gegen diesen Entziehungsbescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingebracht. Weiters wurde bei der Bezirkshauptmannschaft beantragt die beiden Wechselsysteme nunmehr als vollwertige Waffen (aufgrund des Besitzes des Griffstückes) einzutragen. Dies wurde von der Bezirkshauptmannschaft auch durchgeführt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich sehr ausführlich mit der Materie auseinandergesetzt und hat eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen.
Inhaltlich wird zusammengefaßt ausgeführt, daß es bei diesem Fall nicht von Relevanz ist, ob die Registrierung bloß des Wechselsystems falsch war oder nicht. Das Landesverwaltungsgericht argumentierte dahingehend, daß die Registrierung vom Waffenhändler und nicht vom Waffenbesitzer durchgeführt wurde und sofort nach Kenntnis über die von der Bezirkshauptmannschaft behaupteten Unzulässigkeit der bloßen Registrierung des Wechselsystems eine Ummeldung beantragt wurde. Daraus schließt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, daß die Verläßlichkeit nicht verlorengegangen sei, weil sozusagen vom Waffenbesitzer „nichts falsch gemacht“ wurde. Die Registrierung hat nicht er durchgeführt, aber er hat sofort reagiert, als er von der Rechtsmeinung der Bezirkshauptmannschaft Kenntnis erlangte. Die Argumente des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich können meines Erachtens auch noch ergänzend dadurch gestützt werden, daß zum damaligen Zeitpunkt auch die Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Inneres publiziert war, wonach die gewählte Vorgangsweise rechtskonform war.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich behob das Erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft und es konnte damit der Waffenbesitzer seine Waffenbesitzkarte behalten.
Die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn wäre aber nicht die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, wenn man dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes auf sich beruhen ließe. Pointiert müßte man es fast schon als Kreuzzug bezeichnen, die Bezirkshauptmannschaft erhob außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. In dieser Revision wird ausführlich und äußert kompliziert dargelegt, warum das Verhalten der Registrierung des Wechselsystems einerseits unzulässig sein soll und andererseits wie verwerflich doch die Handlungsweise des Waffenbesitzers gewesen sei, sodaß ein Entzug der waffenrechtlichen Dokumente erfolgen müßte.
Wie bei Amtsrevisionen in waffenrechtlichen Fragen fast üblich, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits die Erstattung der Gegenschrift dem Waffenbesitzer aufgetragen. Eine Entscheidung ist noch nicht ergangen, die IWÖ-Nachrichten werden wieder berichten.
DI Mag. Andreas Rippel
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Foto: Gunter Hick