DUNBLANE

Es gibt in der Menschheitsgeschichte immer wieder Ereignisse oder Personen, die ein Land, ein Königreich und sogar eine Doppelmonarchie total verändern oder sogar zerstören können. Man muß nicht gleich an Gavrilo Prinzip, Stalin oder Hitler denken – es genügt sich in das Jahr 1992 zu versetzen und nach Schottland zu blicken.
Dunblane, eine kleine Stadt in der Nähe der Grenze zu England hat 9300 Einwohner, ist aber von lokaler Bedeutung, da es ein Verkehrsknotenpunkt ist, an dem sowohl die wichtige Eisenbahnlinie als auch Fernstraßen kreuzen. Ferner ist diese Stadt wegen ihrer guten Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten bekannt. Zu dieser Zeit war Toni Blair Prime Minister des vereinigten Königreiches. Seine politische Heimat war die Sozialdemokratie. Nach dem 13. März 1996 war Dunblane weltbekannt geworden. Was war geschehen? An diesem Tag verübte Thomas Hamilton ein unvorstellbares Massaker. Er tötete 16 Kinder im Alter von 5 bis 6 Jahren und erschoß auch ihre Lehrerin Mrs Gwen Mayor, 45. Die Tat verübte Thomas Hamilton in der Turnhalle (Original…)“in the gymhall of Dunblane Primary“. Danach beging er Selbstmord.
Er war zumindest den lokalen Behörden seit längerer Zeit bekannt. Seine Persönlichkeit wurde als zwielichtig und mit unsicherem Charakter beschrieben – und er habe ein extrem ungesundes Interesse an Buben! Hamilton war Pfadfinderführer und organisierte Sommerlager. Dabei fiel auf, daß spärlich bekleidete Kinder von ihm fotografiert wurden. Sein Waffenbesitz war offiziell. Er besaß eine 9mm Browning Pistole und einen .357 Mag Smith & Wesson Revolver. Weiters hatte er die Berechtigung ein .22lr Gewehr und ein 7,62 Gewehr zu erwerben. Im Jahr 1992 wurde Hamiltons Waffenberechtigung (certificate) wieder verlängert. Thomas Hamilton bekam sein Waffendokument, obwohl ein Polizeibeamter ihn als hinterhältig, betrügerisch und verschlagen bezeichnete. Fünf Jahre vor Dunblane meldete ein „detective sergeant“ seinem Vorgesetzten unmißverständlich, daß Hamiltons „firearms certificat“ abgenommen werden sollte. Aber der „Central Scotland Police depute chief constable“, zuständig für Waffendokumente, ignorierte diesen Appell. Laut Herald and Times Archive vom 7. Juni 1996 ging Hamiltons Akt durch viele Instanzen – seine Unbescholtenheit wurde hoch bewertet. Man suchte zwar Möglichkeiten sein Zertifikat zu widerrufen, aber letztlich kam der Report vom „depute chief constable“ zurück, gestempelt mit „No Action“ – Also nichts tun.
Die Folgen des Dunblane Massakers
Dieses Verbrechen schockierte ganz England und Dunblane war auch in Europa ein Thema. Es waren nicht Tote in einem kriegerischen Ereignis, sondern die Opfer waren Schulkinder und eine beliebte Lehrerin. Die öffentliche Meinung, unterstützt durch einseitige Berichterstattung, hatte schnell die Ursache entdeckt – DIE WAFFE !! Zudem paßt in viele Parteiprogramme der Sozialdemokratie und der Grünen der Slogan: „Waffen weg!“ – und das auch heute noch! Der Prime Minister Toni Blair von Labour nutzte die Chance, hatte ein Wahlkampfthema, das die Öffentlichkeit interessierte. Der politische Gegner, die „Konservativen“, hatten eine schwierige Position. In dieser Zeit „pro gun“ zu sein war für eine Partei praktisch unmöglich. Toni Blair führte den „Handgun Ban“ mit großem Applaus der Seinen und der Waffengegner ein. Mit einem Schlag war der Besitz von Faustfeuerwaffen mit einer Gesamtlänge von weniger als 60 cm verboten. Nicht zusammenlegbare Pistolen oder Revolver von mehr als 60cm Gesamtlänge blieben frei. Die Waffen mußten abgegeben werden und wie ich hörte bekam der ehemalige Besitzer den „Marktwert“ ausbezahlt. Die Überweisung des Geldbetrages erfolgte innerhalb eines Monates.
Wertvolle Stücke wurden in Museen oder staatlichen Lehrsammlungen untergebracht. Durchschnittsware wurde vernichtet. Ein ehemaliger britischer Sammlerkollege erzählte mir damals, daß Pistolenmodelle, die der Polizei- oder der Heeresbewaffnung entsprachen, an diese abgegeben wurden. Beunruhigt durch dieses Geschehen konnte ich 1996 telefonisch mit Mr. Albi Fox Kontakt aufnehmen. Er war entweder bei NRA oder Präsident der Sportschützenvereinigung. Auf meine Frage, wie dieser Handgun Ban möglich war, hatte er eine simple Erklärung. Zitat Anfang „We in the UK have a long tradition in hunting, sportshooting and gunownership and this is our problem.“ Zitat Ende. Jede Organisation war selbständig und man konnte sich nicht für Verhandlungen auf eine gemeinsame Linie einigen. Wir kennen das Problem ja in der IWÖ, alleine zwischen Jägern und Sportschützen sind verschiedene Interessen erkennbar. Nach diesem längeren Telefonat hat Mr. Fox mir sogar angeboten nach Wien zu kommen und einen Vortrag zu halten. Die Kosten hätte Wien übernehmen müssen und das konnte ich mir als junger Arzt nicht leisten – und eine effiziente, finanzstarke IWÖ gab es noch nicht.
Die Folgen des „Handgun Ban“
Die Politik und wohlmeinende naive Zeitgenossen meinten nun müßten – es gibt ja keine bösen Faustfeuerwaffen mehr – nahezu paradiesische Zeiten anbrechen. Weniger poetisch ausgedrückt, die Statistik sollte deutlich die versprochene Reduktion der waffenbezogenen Verbrechen zeigen, die Kriminalitätsrate sollte sinken, Schießereien im Drogenmilieu sollten ebenfalls deutlich seltener werden. All das geschah NICHT. Im Gegenteil, es kam zu einem signifikanten ANSTIEG der waffenbezogenen Kriminalität und als Draufgabe stieg auch noch die illegale Prostitution gewaltig an! Wieso? Waffenschmuggel und Geheimprostitution waren schon immer gemeinsam ein gutes Geschäft. Die Insel UK braucht den Handel, die Schifffahrt, die Arbeitskräfte aus dem Osten (z.B: Polen). Offensichtlich sind in einem Schiffsladeraum oder Container einige Kisten mit Waffen nicht allzu schwierig unterzubringen. Der Nachschub war also gesichert.
Um das Dilemma mit der steigenden Kriminalität etwas zu entschärfen griff man sogar zu drastischen Mitteln. Wenn z.B. ein Kraftfahrzeug bei rot an einer Kreuzung anhält und ein dort bereits wartender Krimineller die Autotüre aufreißt und mit vorgehaltener Pistole den Fahrer aus dem Auto zerrt, war das ein gefährliches Verbrechen und ein Vergehen gegen das Waffengesetz. Die Definition dieses Tatbestandes wurde geändert auf eine „unbefugte Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges.“ Der Waffengebrauch war nicht mehr in der Statistik! Auch diese Kunstgriffe konnten aber den signifikanten Anstieg der Schußwaffenkriminalität nicht verbergen. Als letzte Verschärfung wurde auch noch Behindertensport verboten. Schießsporttraining für Wettkämpfe mußte nach Belgien oder Holland verlegt werden und kam teilweise zum Erliegen. Die britischen Inseln Jersey, Isle of Man haben nicht nur anders aussehende Münzen und Banknoten, sondern auch ein anderes Waffengesetz und unterliegen nicht dem Waffenverbot! Faustfeuerwaffen für die keine neuen Patronenproduktionen existieren, sind frei gewesen. Als Beispiel nannte mir ein englischer Sammler die obsolete 9mm Steyr und damit die Steyr M.12.
Zusammenfassung
Waffengesetze sinnlos zu verschärfen oder den Waffenbesitz sogar zu verbieten haben noch nie die Verbrechenszahlen reduziert. Es gibt genügend Literatur darüber, der Gesetzgeber müßte sich nur daran orientieren. Bei einer Reise nach Südafrika hatte ich am Flughafen einen längeren Aufenthalt. Im Wartebereich lief das Fernsehen und ich notierte in mein Tagebuch 18. Juli 2019: In Kapstadt ereigneten sich in 7 Tagen 34 Morde!! Und das obwohl Südafrika weltweit eines der strengsten Waffengesetze hat.
Die Informationen zu diesem Artikel stammen aus dem „Herald and Times Archive“ vom 7. Juni 1996, von britischen Sammlern von damals und heute und von meiner Erinnerung an dieses Ereignis. Ganz besonders möchte ich mich bei meinem Freund Gary Clayton bedanken, der auch diesen Bericht tatkräftig unterstützt hat.
Dr. Hermann Gerig