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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Schußwaffen und die innere Sicherheit der EU

Mögliche Maßnahmen der Europäischen Kommission betreffend das Waffenrecht. Kommissarin Cecilia Malmström will die EU frei machen von legalem Waffenbesitz. Widerstand ist nötig!

Waffenrecht und Waffenrechtsentwicklung sind zumindest seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht mehr nur eine nationale Angelegenheit. Regelwerke auf EU-Ebene haben maßgeblichen Einfluß auf die nationale österreichische Ebene. Sowohl das Waffengesetz 1996 als auch die Waffengesetz-Novelle 2010 sind Folgen derartiger verpflichtender EU-Normen. Zwar wird es dem nationalen Gesetzgeber freigestellt, wie er die EU-Norm (Richtlinie) umsetzt, die EU-Norm muß aber jedenfalls vollinhaltlich umgesetzt werden. Im Waffenrechtsbereich geben die Richtlinien sogenannte Mindeststandards vor, das heißt die EU schreibt vor, wie streng ein nationales Waffengesetz mindestens zu sein hat. Liberalere, leichtere Regeln sind unzulässig. Strengere Regelungen, bis zu einem vollständigen Verbot von (Schuß-)waffen sind hingegen EU-rechtlich zulässig.

Vor kurzem ist die Europäische Kommission – wie von der IWÖ bereits seit geraumer Zeit vorhergesehen – vorgeprescht und hat neue Vorschläge zur „Harmonisierung“ des europäischen Waffenrechtes gemacht. Federführend für diese Vorschläge und Vorhaben ist die EU Innenkommissarin Cecilia Malmström von der schwedischen Liberalen (!!!) Volkspartei. Frau Malmström unterstütze bereits Bestrebungen zur Einführung von Internetsperren und zur flächendeckenden Kontrolle von europäischen Internetinhalten.

In verschiedenen waffenrechtlichen Publikationen war von dieser Mitteilung der Kommission bereits die Rede, auch die IWÖ Nachrichten haben bereits darüber berichtet.

Im Folgenden sollen Details dieser Mitteilung dargestellt und anschließend beleuchtet werden. Der Originaltext der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 21.10.2013 ist in kursiver Schrift dargestellt. Die Kommentierung erfolgt in normaler Schrift.

Schußwaffen und die Innere Sicherheit der EU: Schutz der Bürger und Unterbindung des illegalen Handles
Geraten [Schußwaffen] in falsche Hände, können sie verheerende Auswirkungen auf die Bürger und die Gesellschaft haben. In der EU gibt es nach wie vor viel zu viele Opfer von Gewalttaten, die mit Schußwaffen verübt werden. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gab es in den 28 Mitgliedsstatten der EU über zehntausend Fälle von mit Schußwaffen begangene Morde oder Totschlag, und jährlich nehmen sich mehr als viertausend Menschen mit Schußwaffen das Leben. Die Präsenz leistungsfähiger, häufig im illegalen Besitz befindlicher Schußwaffen […] kann bei Bürgern ein Gefühl der Unsicherheit auslösen. Bei den Schützen, die in den vergangenen Jahren für schreckliche Schießereien in Schulen in Tuusula (2007) und Kauhajoki (2008) sowie in Cumbria (2010) und Alphen aan den Rijn (2011) verantwortlich waren, handelte es sich um psychisch labile Erwachsene, die dennoch Genehmigungen für den Schußwaffenbesitz hatten. In Winnenden (2009) benutzte ein Jugendlicher eine Pistole, die im Schlafzimmer seiner Eltern nicht sicher verwahrt war. In unrechtmäßigen Besitz befindliche Schußwaffen werden inzwischen im Rahmen der organisierten Kriminalität häufig eingesetzt um Opfer zu nötigen oder einzuschüchtern. Der illegale Import und Verkauf dieser Waffen sowie ihre Herstellung sind ein lukratives Geschäft für die schätzungsweise 3.600 organisierten kriminellen Gruppen in der EU. Terroristen und Extremisten haben mit Schußwaffen Angst verbreitet und Menschen getötet. Strafverfolgungsbehörden in der EU äußern ihre Besorgnis darüber, daß bereits deaktivierte Schußwaffen illegal reaktiviert und zu kriminellen Zwecken verkauft werden, daß Waffen wie Schreckschußpistolen oder Luftgewehre in tödliche Schußwaffen umgebaut werden und daß Kriminelle sehr bald 3-D-Drucktechnologien nutzen könnten, um hausgemachte Waffen zu bauen oder Komponenten für die Reaktivierung von Schußwaffen herzustellen.

Die mißbräuchliche Verwendung von Schußwaffen – sei es von in rechtmäßigem Besitz befindlichen Waffen für den zivilen Gebrauch oder von zivilen oder militärischen Waffen, die illegal hergestellt oder erworben wurden – ist eine ernste interne und externe Bedrohung für die Sicherheit der EU. Die Mitteilung der EU Kommission] ergänzt die EU-Maßnahmen in anderen wichtigen Sicherheitsbereichen, darunter die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus, und die EU-Strategie von 2005 zur Bekämpfung der Anhäufung von Kleinwaffen und leichten Waffen und dazugehöriger Munition sowie des unerlaubten Handels damit. (Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 21.10.2013, S. 4 – 8)

Starke Worte gleich am Beginn der Mitteilung: Geschickt werden illegale Waffen mit legalen Waffen vermischt, werden Terroristen und Schulmassaker in einem Atemzug mit Selbstmorden durch Schußwaffen genannt. Schreckensszenarien wie mittel 3-D-Drucktechnologien hergestellte Waffen oder auch zu tödlichen Schußwaffen umgebaute Luftdruckgewehre (!) werden verbreitet um zur Bekämpfung der Anhäufung von Kleinwaffen und leichten Waffen aufzurufen.

Der Handlungsbedarf auf EU-Ebene
In den letzten zehn Jahren hat die EU eine Reihe von Schritten unternommen, um der von Schußwaffen ausgehenden Bedrohung für die innere Sicherheit der EU zu begegnen. Die […] Beispiele und Statistiken zeigen jedoch, daß weitere Maßnahmen erforderlich sind. Schußwaffenexperten zufolge nutzen Kriminelle Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften über Schußwaffen aus, wodurch sich das Risiko einer illegalen grenzüberschreitenden Verbringung erhöht. Deshalb müssen die nationalen Rechtsvorschriften über Schußwaffen angeglichen werden. Schußwaffen [sind] anerkanntermaßen einer der Hauptfaktoren für Straftaten wie Drogenhandel. (Mitteilung, S. 8 bis 11)

Ohne Wenn und Aber geht die EU-Kommission davon aus, daß weitere Maßnahmen zur Verschärfung der Waffengesetze erforderlich sind. Nationale Rechtsvorschriften müssen angeglichen werden, was wohl nicht bedeutet, daß man die liberaleren Vorschriften als EU Standard heranzieht, sondern die restriktiven. Ohne Wenn und Aber wird auch behauptet, daß Schußwaffen (ohne Differenzierung in legale oder illegale Schußwaffen) einer der Hauptfaktoren für Straftaten sind. Frei nach dem Motto: Verbieten wir die Schußwaffen, gibt es keine Straftaten mehr.

Klarstellung, welche Schußwaffen verboten sind und für welche eine Genehmigung erforderlich ist
[Die Kommission wird] auf fachlicher Ebene den Wert bestimmter derzeit zulässiger Schußwaffentypen für den zivilen Einsatz (z.B. halbautomatische Waffen) den Sicherheitsrisiken gegenüberstellen und prüfen, ob es angemessener wäre, den Zugang zu diesen Waffen weiter einzuschränken. Des weiteren wird die Kommission prüfen, ob der derzeitige Geltungsbereich der Schußwaffen-Richtlinie ausgeweitet werden muß und ob angesichts der Erfahrungen der Mitgliedsstatten die Notwendigkeit besteht, den Verkauf und Besitz von Gegenständen wie Luftgewehren, Nachbildungen, antiken Waffen und deaktivierten Waffen zu regulieren, die leicht in Schußwaffen umgewandelt oder als solche verwendet werden können. Da Schußwaffen nur mit Munition eine schädliche Wirkung entfalten können, wird die Kommission prüfen, wie der Erwerb und der Mißbrauch von Munition durch Kriminelle verhindert werden können. Optionen sind unter anderem die Kennzeichnung sowie Obergrenzen für die Größe von Munitionslagern für rechtmäßige zivile Waffen. (Mitteilung, S. 12f)

Auch diese Ausführungen der Kommission sind klar: Bestimmte Schußwaffentypen könnten weiter eingeschränkt werden, explizit werden hier halbautomatische Waffen (wie beispielsweise Pistolen) genannt. Die Stoßrichtung dieser Überlegungen ist klar: Waffenverbote für halbautomatische Waffen.

Darüber hinaus sollen sogar der Besitz von Luftgewehren, antiken Waffen und dergleichen weiter reguliert werden. Munition wird teurer werden, sie muß gekennzeichnet sein und sollen Obergrenzen für die Größe von Munitionslagern eingeführt werden. Ein oder zwei Päckchen Munition für den Sportschützen?

Vereinfachung der Rechtsvorschriften für Schußwaffengenehmigungen
Die Kommission wird […] bewerten, welche Vorteile eine obligatorische ärztliche Untersuchung und eine Strafregisterprüfung als Voraussetzungen für den rechtmäßigen Erwerb und Besitz einer Schußwaffe hätte und welche Vorteile vom befristeten erneuerbaren Genehmigungen zu erwarten wären, die – wie die Verfahren zur Erteilung einer Fahrterlaubnis – in vielen Mitgliedsstatten bereits gängige Praxis sind. Außerdem könnte es sinnvoll sein, einheitlichere EU-Normen zu den rechtmäßigen Zwecken des Besitzes oder der Verwendung einer Schußwaffe und zu den Gründen für die Verweigerung einer Genehmigung einzuführen. (Mitteilung, S. 14)

Auch mit diesen Gedanken der EU-Kommission werden erhebliche Einschränkungen auf den Weg gebracht: Genehmigungen könnten befristet werden, wobei sowohl eine obligatorische ärztliche Untersuchung als auch eine einheitliche EU-Norm zu den rechtmäßigen Zwecken des Besitzes angedacht wird. Die ärztliche Untersuchung ist klar verständlich, sie wird vermutlich noch durch eine psychologische Untersuchung ergänzt werden.

Besonders kritisch zu hinterfragen ist aber die Ausführung, einheitlichere EU-Normen zu den rechtmäßigen Zwecken des Besitzes einzuführen. Springender Punkt ist dabei insbesondere die Selbstverteidigung. In Österreich ist die Selbstverteidigung sowohl eine anerkannte Rechtfertigung für den Besitz von Waffen der Kategorie B als auch eine anerkannte Begründung für den Besitz von Waffen der Kategorie C. In anderen EU-Ländern ist dies nicht so, beispielsweise kann in Deutschland zum Selbstschutz (ohne konkretes Bedrohungsszenario) keine waffenrechtliche Bewilligung für Waffen der Kategorie B und C erlangt werden. Wenn man dies noch im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Harmonisierung sieht, würde dies eine gravierende Einschränkung des legalen Schußwaffenbesitzes bedeuten. Die Selbstverteidigung könnte kein legitimer Grund mehr sein.

Verhinderung von Diebstahl und Verlust
Die Kommission wird Möglichkeiten für Mindeststandards für die sichere Verwahrung durch Schußwaffenbesitzer in der EU prüfen, einschließlich der Option der obligatorischen Verwendung von Sicherheitsbehältnissen, wie sie bereits in einigen Mitgliedstaaten gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Kommission wird gemeinsam mit der Schußwaffenindustrie nach technologischen Lösungen (wie biometrische Sensoren bei Schußwaffen, in denen personenbezogene Daten gespeichert sind) suchen, damit erworbene Schußwaffen nur von ihrem rechtmäßigen Besitzer verwendet werden können. Sie wird eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse durchführen und dabei prüfen, ob solche Sicherheitsmerkmale „intelligenter Waffen“ für rechtmäßig in der EU verkaufte Schußwaffen verbindlich vorgeschrieben werden sollen. (Mitteilung S. 16)

ARMATIX läßt grüßen: Obwohl deren Wirkung äußerst umstritten ist, würden biometrische Sensoren bei Schußwaffen und dergleichen die Kosten für Schußwaffen drastisch erhöhen. Insbesondere Waffensammler und Sportschützen, die eine größere Anzahl von Schußwaffen besitzen, würden so in große Bedrängnis kommen. Vermutlich ist dies auch der beabsichtigte Zweck dieser Regelungen. Der Schußwaffenbesitz soll so unattraktiv wie möglich (weil teuer) gemacht werden, damit der legale Besitz von Schußwaffen zurückgedrängt wird.

Förderung der Vernichtung als bevorzugtes Mittel der Entsorgung überzähliger Schußwaffen
Nach Auffassung der Kommission ist die Vernichtung die wirksamste und kostengünstigste Methode, um Risiken von Schußwaffen zu beseitigen. Die Kommission wird prüfen, wie die Vernichtung anstelle der Deaktivierung bestmöglich unterstützt und gefördert werden kann. (Mitteilung, S. 17)

Durch nichts wird die Richtung in die die EU-Kommission zu gehen beabsichtigt deutlicher: Vernichtung als bevorzugtes Mittel.

Die Malmström-Mitteilung hat bereits heftige Kritik von Legalwaffen-, Schützen- und Herstellerverbänden erfahren. Die Reaktion darauf von Seiten der EU-Kommission war, daß die Interessen der Jäger und Sportschützen gewahrt bleiben sollen. Die Stoßrichtung der EU-Kommission wäre eine andere.

Ob diese Aussagen tatsächlich beruhigend sind, möge jeder anhand dem Originaltext der Mitteilung überprüfen. Nach Auffassung der IWÖ wird es einer intensiven, guten und gemeinsamen Lobbyarbeit aller Legalwaffenverbände, Jagdvereinigungen und Händlerverbänden bedürfen, um zumindest das Schlimmste zu verhindern. Alles im allen, keine guten Nachrichten aus Brüssel.

Mag. Eva-Maria Rippel-Held

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