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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Wie wird das neue Waffengesetz richtig interpretiert? Probleme bei der Auslegung des neuen Gesetzes

Kaum ist das neue Waffengesetz in Kraft, gibt es schon eine Menge Fragen wie der Gesetzestext auszulegen ist.
Gleich vorweg ist dazu auszuführen, daß jedes Gesetz – auch das beste – Interpretationsspielräume offenläßt. Das ist fast immer auch notwendig, weil das Gesetz unmöglich jeden einzelnen Fall regeln kann. Gesetze, die das versuchen, „vergessen“ sicher auf bestimmte Einzelfälle und sind dann unbrauchbar. Es ist also kein Fehler, wenn Gesetze teilweise unbestimmt sind.

So ist es auch mit dem neuen Waffengesetz. Die letzte Waffengesetznovelle hat grundlegende Änderungen in vielen Bereichen gebracht. So manche Änderung ist auch sehr begrüßenswert und zum Vorteil der Sportschützen und Jäger.

Besonders bei der größten Jagdmesse in Österreich, der Hohen Jagd in Salzburg, aber auch telefonisch wurde ich bereits sehr viel betreffend die neuen Rechte und Pflichten gefragt. Gerne beantworte ich solche Fragen nach bestem Wissen und Gewissen, ich muß aber ganz deutlich sagen, daß es erst die Zukunft bringen wird, welche Auslegung sich letztlich durchsetzt. Die Auslegung ist nämlich primär Aufgabe der Behörden und anschließend im Bereich der Rechtsmittel der verschiedenen Verwaltungsgerichte. Bei Verletzungen des Waffengesetzes ist oft auch das Strafgericht zuständig. Die Beamten und die Richter legen fest, wie das Waffengesetz auszulegen sein wird. Es bedarf einiger Zeit und meistens einiger Entscheidungen, um gewisse Dinge beantworten zu können. Zum derzeitigen Zeitpunkt kann ich nur versuchen aus Entscheidungen zu anderen Problemen Antworten abzuleiten. Problematisch ist im Waffenrecht besonders, daß man bei Verletzungen sehr schnell vor dem Strafrichter steht. Ich rate daher jedem zu besonderer Vorsicht, um sich nicht in den strafrechtlichen Bereich zu begeben.

Dies betrifft beispielhaft die nachstehenden zwei Problematiken im Bereich der Jägerschaft. Hier wurden wesentliche neue Bestimmungen eingefügt, was diese neuen Bestimmungen aber wirklich bedeuten, kann man zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht wissen.

Eine wichtige Interpretationshilfe sind die sogenannten Erläuternden Bemerkungen. Wenn ein Ministerium ein Gesetz vorbereitet und diese Vorbereitungen dann als Regierungsvorlage in das Parlament kommen, werden auch die Erläuterungen zum Gesetzestext veröffentlicht. Problematisch ist, daß diese Erläuternden Bemerkungen zwar durchaus eine Hilfe bei der Interpretation des Gesetzes sind, aber die Judikatur kann auch Dinge völlig anders sehen, als es in den Erläuternden Bemerkungen steht. Die Erläuternden Bemerkungen sind also kein Gesetz und haben keine gesetzgeberische (normative) Wirkung. Die Erläuternden Bemerkungen sind nur eines von mehreren Hilfsmitteln zur Auslegung von Gesetzen sein.

Ich möchte jetzt und in der Folge immer wieder bestimmte Problempunkte des neuen Waffengesetzes beschreiben und versuchen die behördlichen und gerichtlichen Interpretationen vorwegzunehmen.

Besonders oft wurde ich bereits zu den nachstehenden zwei Problemkreisen befragt. Beide Problemkreise betreffend die Jäger.

Führen von Schußwaffen der Kategorie B bei der Jagdausübung:

Da für „normale Jäger“ bereits seit einigen Jahren keine neuen Waffenpässe mehr ausgestellt werden, hat sich der Gesetzgeber ein neues System einfallen lassen, welches den Jägern ermöglicht bei der Jagd eine Schußwaffe der Kategorie B (Faustfeuerwaffe oder Halbautomat) zu führen.

Die gesetzliche Bestimmung des § 20 Abs. 1a Waffengesetz 1996 lautet nunmehr:

Eine dem Inhaber einer gültigen Jagdkarte ausgestellte Waffenbesitzkarte berechtigt während der rechtmäßigen, nach den landesrechtlichen Vorschriften zulässigen und tatsächlichen Ausübung der Jagd auch zum Führen von Schußwaffen der Kategorie B.

Diese Bestimmung erscheint auf den ersten Blick eindeutig zu sein, bei der Jagd darf der Jäger auch eine Schußwaffe der Kategorie B (Faustfeuerwaffe oder Halbautomat) führen. Auf den zweiten Blick birgt diese gesetzliche Bestimmung aber eine Unzahl von Problemen: Was wird nämlich unter einer rechtmäßigen, nach den landesrechtlichen Vorschriften zulässigen und tatsächlichen Ausübung der Jagd konkret verstanden?

Die Erläuternden Bemerkungen führen zu dieser Bestimmung aus:

„Jäger dürfen entsprechend der vorgeschlagenen Gesetzesänderung während der rechtmäßigen Jagdausübung Schußwaffen der Kategorie B führen, sofern sie über eine Waffenbesitzkarte verfügen. Ein Waffenpaß soll diesbezüglich nicht erforderlich sein. […] Der Jäger darf die Schußwaffen der Kategorie B in diesem Fall auch schon auf dem Weg zur oder von der Jagd führen. Nicht als Führen gilt der Hin- und Rücktransport der Schußwaffen der Kategorie B, sofern diese gemäß § 7 Abs. 3 ungeladen in einem geschlossenen Behältnis transportiert wird. Handelt es sich um kein Transportieren im Sinne des § 7 Abs. 3, ist im Einzelfall zu beurteilen, ob dieses Führen der Schußwaffe schon oder noch der Jagdausübung zuzurechnen ist. Führt der Jäger eine Schußwaffe der Kategorie B und zugleich auch ein Jagdgewehr, ist – soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte anderes vermuten lassen – davon auszugehen, daß sich der Jäger auf dem Hin- oder Rückweg von oder zur Jagd befindet. Ebenso soll das zeitliche und örtliche Naheverhältnis bei der Beurteilung dieser Frage ein wesentliches Kriterium darstellen. Für den Fall, daß der Jäger sein Jagdgewehr nicht mitführt, muß jedenfalls eine nachvollziehbare Begründung ins Treffen geführt werden können, etwa, daß das Jagdgewehr noch oder nach der Jagd wieder in der Jagdhütte verwahrt wird. Auch hiebei wird das räumliche und zeitliche Naheverhältnis eine wesentliche Rolle spielen.“ Soweit die Erläuternden Bemerkungen.

Wenn man diese nun genauer studiert, wird man sofort erkennen, daß dort nur auf das Führen einer Faustfeuerwaffe neben einer Schußwaffe der Kategorie C (Büchse oder Flinte) abgestellt wird. Welche Regelungen gelten sollen, wenn eine halbautomatische Schußwaffe geführt wird, sagen die Erläuternden Bemerkungen überhaupt nicht.

Ist der Jäger nun in seinem Revier mit einem Jagdgewehr unterwegs und führt er daneben eine Faustfeuerwaffe, dann wird dies wohl nie ein Problem darstellen. Wie ist es aber tatsächlich auf der Fahrt ins Revier? Die Erläuternden Bemerkungen lassen darauf schließen, daß das Führen einer Schußwaffe der Kategorie B auch schon auf der Fahrt ins Revier zulässig wäre. Auch manche Experten (so auch unser ehemaliger Generalsekretär Mag. Josef Mötz in seinem Betrag Das neue österreichische Waffenrecht – Teil 1 auf Seite 4ff der vorliegenden IWÖ-Nachrichten) lassen es – mit Hinweis auf die Erläuternden Bemerkunken – dabei bewenden, wobei man so durchaus argumentieren kann. Das Gesetz spricht demgegenüber aber ausdrücklich davon, daß das Führen nur während der rechtmäßigen, nach den landesrechtlichen Vorschriften zulässigen und tatsächlichen Ausübung der Jagd zulässig ist. Wenn ich nun die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Transportieren von Schußwaffen zum und vom Schießstand durch Sportschützen heranziehe, dann kommen mir Zweifel, daß man allgemein sagen könnte, bereits auf der Fahrt ins Revier sei das Führen einer Schußwaffe der Kategorie B zulässig. Meines Erachtens stellt die Fahrt ins Revier keine tatsächliche Ausübung der Jagd dar. Ich vermute mit größerer Wahrscheinlichkeit, daß die Gerichte diese neue Ausnahmebestimmung sehr eng auslegen werden. Andernfalls wäre es für einen Jäger auch sehr leicht eine Waffe berechtigt führen zu dürfen. Er müßte quasi nur angeben, er würde sich am Weg ins Revier befinden und schon wäre das Führen erlaubt. Wo soll dann die Grenze sein? Beim Fahren ins 5 km entfernte Revier, beim Fahren ins 35 km entfernte Revier, beim Fahren ins 200 km entfernte Revier oder beim Fahren ins Revier am anderen Ende von Österreich?

Wie oben ausgeführt vermute ich daher, daß von einer tatsächlichen Ausübung der Jagd beim Verbringen der Schußwaffe der Kategorie B ins Revier nicht gesprochen werden kann und daher bei der Fahrt ins Revier das Führen nicht zulässig ist.

Ähnliches gilt aber auch im Revier: Fährt der Jäger beispielsweise im Winter verschiedene Futterstellen mit seinem Jagdfahrzeug ab, darf er dann die Schußwaffe der Kategorie B auf der Fahrt zwischen den Futterstellen führen? Auch hier werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, meiner persönlichen Meinung nach ist das unmittelbare Fahren von Futterstelle zu Futterstelle im Revier noch zur tatsächlichen Jagdausübung zuzurechnen und ist ein Führen erlaubt. Es ist aber durchaus möglich, daß die Judikatur dies noch enger sehen wird.

Und wie ist es nun mit halbautomatischen Schußwaffen? Auch hier sehe ich einige Probleme: Beim Führen im Revier, beim Pirschgang, ist es sicherlich kein Problem die halbautomatische Schußwaffe zu führen. Wie verhält es sich aber nun am Nachhauseweg? Entlädt man die Waffe (und das gilt gleichermaßen für einen Halbautomaten wie auch für eine Faustfeuerwaffe) und fährt man am direkten Wege nach Hause und transportiert sie in einem geschlossenen Behältnis, dann liegt sicherlich kein Führen, sondern ein korrekter Transport vor. Was passiert aber nun, wenn man auf der Fahrt nach Hause noch ein Restaurant aufsuchen möchte? Wendet man hier die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Transportieren von Sportwaffen durch Sportschützen an, dann muß ganz klar gesagt werden, daß der Besuch eines Restaurants, der Besuch einer Raststätte nicht von den Bestimmungen eines Transportes umfaßt ist. Mit anderen Worten ausgeführt, auch wenn die Schußwaffe der Kategorie B entladen ist und in einem geschlossenen Behältnis verwahrt wird, liegt dennoch ein Führen vor, wenn nicht der kürzeste Weg nach Hause gesucht wird, sondern noch ein Gasthaus aufgesucht wird. Ich vermute diese Regelung werden die Gerichte auch auf das Transportieren von Schußwaffen durch Jäger anwenden. Es gibt meines Erachtens keine sinnvollen Gründe, hier das Transportieren durch Sportschützen anders zu werten als das Transportieren durch Jäger.

Wie man sieht hängt vieles von der Auslegung der Begriffe der „tatsächlichen Ausübung der Jagd“ ab. Ist das Aufsuchen eines Gasthauses, der Transport über eine bestimmte Anzahl von Kilometern noch die tatsächliche Ausübung der Jagd? Ich kann mich nur wiederholen: meines Erachtens werden die Gerichte diese Bestimmung eng auslegen und es ist das Führen bei der Fahrt ins Revier, das Führen (auch ungeladen und in einem geschlossenen Behältnis) bei Unterbrechungen der An- oder Abreise (Gasthaus) nicht zulässig.

Ein weiterer Problembereich ergibt sich ebenfalls für Jäger bei der Verwahrung von Schalldämpfern. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber die neue Bestimmung des § 17 Abs. 3b Waffengesetz 1996 eingeführt, wonach Inhaber einer gültigen Jagdkarte vom Verbot des Erwerbs, der Einfuhr, des Besitzes, des Überlassens und des Führens von Vorrichtungen zur Dämpfung des Schußknalles ausgenommen sind, wenn sie die Jagd regelmäßig ausüben. Ganz einfach gesagt, Jäger dürfen daher (sofern sie die Jagd regelmäßig, das heißt auch tatsächlich ausüben) Schalldämpfer besitzen und auch führen, das heißt auch bei der Jagd einsetzen. Die Jagdkarte alleine genügt nicht.

Die Problematik liegt aber jetzt bei der Verwahrung dieser Schalldämpfer: Der Gesetzgeber hat die Einreihung von Schalldämpfern in die Gruppe der verbotenen Waffen (Kategorie A) beibehalten. Dies bedeutet, daß der Jäger zwar den Schalldämpfer erwerben, besitzen und verwenden darf, es sich aber dabei trotzdem bei dem Schalldämpfer um eine verbotene Waffe handelt. Bereits der Schalldämpfer allein stellt eine verbotene Waffe dar.

Wie ist nun dieser Schalldämpfer, diese verbotene Waffe zu verwahren? Auch hier versuchen die Erläuternden Bemerkungen eine Hilfestellung zu bieten: „Um Schwierigkeiten in der Praxis bei der sicheren Verwahrung von Schußwaffen und Vorrichtungen zur Dämpfung des Schußknalles zu vermeiden, soll der jeweilige Jäger die Schußwaffe sowie die Vorrichtung zur Dämpfung des Schußknalles auf die gleiche Weise verwahren.

Und genau hier spießt es sich mit der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes!

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert ständig, daß die Anforderungen an die Verwahrung von Waffen mit der durch die Kategorisierung ausgedrückten Gefährlichkeit der Waffe zu steigen haben. Beispiel: Eine Schußwaffe der Kategorie C (normale Jagdbüchse) darf unter bestimmten eingeschränkten Umständen über eine kurze Zeit in einem versperrten Kraftfahrzeug verwahrt werden. Der Jäger hat also die Möglichkeit beim „Schüsseltrieb“ seine Jagdbüchse (oder Jagdflinte) im Fahrzeug zu belassen. Für Faustfeuerwaffen (Schußwaffen der Kategorie B) gilt dies aber nach ständiger Judikatur nicht! Keine Schußwaffe der Kategorie B darf auch nur kurze Zeit in einem Kraftfahrzeug verwahrt werden.

Wie verhält es sich nun mit einem Schalldämpfer? Der Schalldämpfer ist eindeutig eine Waffe der Kategorie A, also eine Waffe der höchsten Gefährlichkeitsstufe. Die Jagdbüchse bleibt eine Schußwaffe der Kategorie C. Reicht es jetzt also tatsächlich – wie die Erläuternden Bemerkungen nahezulegen scheinen – daß der Schalldämpfer genauso wie die Jagdbüchse verwahrt wird? Konkret, ist also eine Verwahrung des Schalldämpfers bei der Jagdwaffe im Fahrzeug zulässig?

Hier wird durchaus auch die Ansicht vertreten, daß dies zulässig sei. Verwiesen wird eben auf die Erläuternden Bemerkungen.

Ich persönlich habe aber meine Zweifel, daß dies der Verwaltungsgerichtshof in einem Anlaßfall so judizieren würde. Ich erwarte mit höherer Wahrscheinlichkeit, daß der Verwaltungsgerichtshof eine Verwahrung eines Schalldämpfers in einem Fahrzeug (auch für eine kurze Zeit) als unzulässig erachten würde. Das heißt der Jäger darf den Schalldämpfer mit der Jagdbüchse im Fahrzeug nicht verwahren, sondern er hat den Schalldämpfer abzuschrauben und beim „Schüsseltrieb“ bei sich mitzuführen. Ein einfaches Einstecken in den Jagdmantel oder dergleichen wird aber hierbei auch nicht ausreichend sein, da eine Entwendung leicht möglich ist.

Auch hier gilt: so erfreulich die Neuerungen im Waffengesetz in diesen Bereichen sind, so problematisch können sie in der Praxis werden.

Da es keine entsprechende Judikatur gibt, kann man im Vornherein nicht sagen, was tatsächlich erlaubt und was tatsächlich verboten ist. Dies ist gerade im Waffenrecht besonders unangenehm, weil Verstöße gegen das Waffengesetz regelmäßig mit der Entziehung der Waffenbesitzkarte und auch mit der Entziehung der Jagdkarte geahndet werden. Ich kann daher nur zu entsprechender Vorsicht aufrufen und die neuen Bestimmungen nicht „locker“ zu nehmen.

DI Mag. Andreas Rippel

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