Amtsmißbrauch bei der Nichtausstellung von Waffenpässen?
Dürfen Beamte sogar gerichtliche Urteile negieren, wenn es gilt Waffenpässe zu verhindern? Ein bedenklicher Fall
Im September 2014 beantragte ein in Oberösterreich wohnhafter Jäger und Hundeführer die Ausstellung eines Waffenpasses bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.
Ohne die Angelegenheit wirklich zu prüfen, wies die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bereits im November den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses ab.
Innerhalb der zur Verfügung stehenden Rechtsmittelfrist wurde unter Zuhilfenahme der Rechtsschutzversicherung über die IWÖ Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhoben.
Wie in solchen Fällen üblich, führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Im Rahmen dieser Beschwerdeverhandlung wurde sowohl der Waffenpaßwerber als auch ein Sachverständiger einvernommen.
Der Sachverständige bestätigte dabei die Ausführungen des Jägers, daß es bei einer Nachsuche unter Zuhilfenahme eines Jagdhundes praktisch nicht möglich ist eine Langwaffe zu führen. Der Jagdhund muß öfters am Schweißriemen („Leine“) geführt werden (eine Hand notwendig) und daher ist das Führen einer Langwaffe respektive das Abgeben eines Fangschusses mit der Langwaffe (dafür sind jeweils zwei Hände nötig) praktisch nicht möglich. Die Abgabe eines Schusses mit der in beiden Händen gehaltenen Langwaffe, wobei zusätzlich auch noch der Hund in einer Hand gehalten wird, ist einfach für Dritte, für den Jäger und auch für den Jagdhund höchst gefährlich. Auch ein „ordnungsgemäßer Jäger“ hat keine drei Hände.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich schloß sich den Ausführungen des Sachverständigen an und erließ das Urteil, wonach dem Jäger ein Waffenpaß auszustellen ist.
Solche Urteile eines Landesverwaltungsgerichtes sind sofort vollstreckbar, das heißt das Urteil ist sofort von der Behörde umzusetzen. Die Behörde hat also keine Entscheidungsbefugnis mehr, sondern es ist das Urteil zu befolgen.
Zwar besteht für die Behörde noch die Möglichkeit einer sogenannten außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof, eine derartige Revision hat aber keine aufschiebende Wirkung. Das Urteil des Landesverwaltungsgerichtes ist in jedem Fall sofort umzusetzen.
Dies ist Beamten einer Bezirkshauptmannschaft im Regelfall auch mehr als bekannt, weil nach dem Urteil eines Landesverwaltungsgerichtes werden beispielsweise Strafen, die ausgesprochen wurden, sofort einkassiert. Auch andere vollstreckbare Urteile werden umgesetzt, beispielsweise müssen in Waffenverfahren bei Entziehungen von Waffenbesitzkarten oder Waffenpässen diese sofort abgeben werden, ansonsten werden Strafverfahren in Gang gesetzt, etc. Auch in anderen Rechtsmaterien als in Waffenverfahren sind solche Urteile sofort vollstreckbar und werden von den Beamten der Bezirkshauptmannschaften sofort die entsprechenden Maßnahmen gesetzt um die entsprechenden Handlungen von den Bürgern zu erzwingen.
Nach Zustellung des Urteiles des Landesverwaltungsgerichtes kontaktierte der hundeführende Jäger in Oberösterreich seine Bezirkshauptmannschaft, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und ersuchte um die Durchführung der Ausstellung des Waffenpasses. Diese Ausstellung wurde aber mit der Begründung verweigert, daß man noch ein Rechtsmittel ergreifen möchte und die Entscheidung darüber würde noch Monate dauern. Auch auf den Hinweis, daß trotz dieses möglichen Rechtsmittels der Waffenpaß sofort auszustellen ist, verweigerten die Beamten – eindeutig gegen das Gesetz – die Ausstellung.
Wie angekündigt wurde von den Beamten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land letztlich außerordentliche Revision eingebracht und beim Verwaltungsgerichtshof zusätzlich beantragt, dieser Revision aufschiebende Wirkung zu geben. Angemerkt wird, daß selbst dieser Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keinesfalls die Vollstreckbarkeit aufhebt.
In der Folge erließ das höchste Gericht in solchen Angelegenheiten, der Verwaltungsgerichtshof, bereits im März 2015 den Beschluß, wonach dem Antrag der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben wurde.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt mußte jedermann klar sein, daß der Waffenpaß auszustellen ist. Selbst ein Nichtjurist würde diesen Beschluß des Höchstgerichtes verstehen, der Waffenpaß ist ohne Wenn und Aber auszustellen!
Wenn man glaubt, daß sich die Beamten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land an dieses Urteil des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich und an diesen Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes gebunden fühlten und endlich den Waffenpaß ausgestellt hätten, der irrt sich.
Möglicherweise vom inneren Zwang getrieben, ja nur keinen Waffenpaß auszustellen, verweigerten die Beamten weiterhin die Ausstellung des Waffenpasses. Wie ausgeführt, widerspricht diese Weigerung sowohl dem Urteil des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich als auch dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes. Mit anderen Worten ausgeführt, der Waffenpaß wäre umgehend auszustellen gewesen und ist es schwer gesetzwidrig, diesen gerichtlichen Instanzen nicht zu folgen.
Dies dürfte aber wahrscheinlich nur für den Bürger gelten, der einem von ihm ungeliebten Urteil zu folgen hat. Wenn den Beamten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein Urteil nicht paßt, dann wird es scheinbar einfach ignoriert. Ein anderer Grund warum den Urteilen zuwidergehandelt wird, ist einfach nicht erkennbar.
Es ist rechtsstaatlich äußerst bedenklich und es läßt am Rechtsstaat zweifeln, wenn sich Beamte dermaßen einfach über Gesetze und Urteile hinwegsetzen können.
Letztlich mußte Strafanzeige gegen die Beamten der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen des Verdachtes auf Amtsmißbrauch eingebracht werden. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft steht noch aus.
Der Waffenpaß ist natürlich noch immer nicht ausgestellt worden.
Foto: Jägerin mit einer Waffe der Kat.B. Ein Waffenpaß wäre hier erforderlich. Kriegen wird sie keinen
Mag. iur. Eva-Maria Rippel-Held