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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Kommt es zu einem (teilweisen) Umdenken beim Waffenpaß?

Ist es möglich, daß es bei der Ausstellung von Waffenpässen zu einem Umdenken kommt? Eine kritische Betrachtung

Bis in die 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde Angehörigen einer gefährdeten Berufsgruppe mehr oder weniger relativ problemlos ein Waffenpaß ausgestellt. Zwar reichte die Bedarfsbegründung „Transport von höheren Geldbeträgen“ schon frühzeitig in vielen Fällen nicht mehr für die Ausstellung des begehrten Dokumentes, aber es wurden Waffenpässe zumindest Richtern, Staatsanwälten, Verteidigern, (Aufsichts-)jägern, Polizisten und Justizwachebeamten ausgestellt. Auch Angehörige anderer Berufsgruppen erhielten im Regelfall einen Waffenpaß (z.B. Nachttaxilenker).

Obzwar die Bestimmungen über die Ausstellung eines Waffenpasses mit dem Waffengesetz 1996 inhaltlich nicht verändert wurden, wurde die Ausstellung von Waffenpässen immer restriktiver gehandhabt.

Die Behörden haben mit tatkräftiger Unterstützung der Gerichte immer neue Anforderungen an die Ausstellung eines Waffenpasses gestellt, sodaß letztlich bei kombinierter Anwendung all dieser Regeln praktisch jedem die Ausstellung eines Waffenpasses verweigert werden konnte. Völlig kontraproduktiv und sinnloserweise wurde beispielsweise Anklagevertretern, Polizisten und Justizwachebeamten die Ausstellung eines Waffenpasses verweigert. Obwohl die Anzahl der amoklaufenden Anklagevertreter, Strafverteidiger, Polizisten und Justizwachebeamten als wohl nicht hoch bezeichnet werden kann und diese Personengruppen offensichtlich nicht das geringste Sicherheitsrisiko darstellen, wurde im Führen einer Schußwaffe der Kategorie B durch die genannten Berufsgruppen ein Problem erkannt.

Die Auswüchse dieser Rechtsprechung waren geradezu grotesk, beispielsweise empfahl das Verwaltungsgericht Wien einem Polizisten doch eine personenbezogene Auskunftssperre im Zentralen Melderegister zu veranlassen, um zu verhindern, daß die private Meldeadresse des gefährdeten Polizeibeamten herausgefunden werden kann. Dadurch sollte die Gefährdung eines Polizeibeamten, der einen Jihadisten verhaftet hat, der auf Bildern im Internet strahlend auf getöteten Menschen posiert, beseitigt werden.

Es mag eine ungewohnte Frage sein, aber sind Polizisten in der Lage ohne Gefährdung für andere eine Waffe zu führen? Beantwortet man diese Frage mit ja und findet man Polizisten für geeignet, dann stellt sich sofort die zweite Frage, warum dies nur gilt, wenn der Polizist im Dienst ist. Beantwortet man diese Frage mit nein, dann stellt sich hingegen die zweite Frage, warum man Polizisten im Dienst mit einer Schußwaffe ausstattet. Der Mensch, der Polizist, bleibt offensichtlich immer derselbe.

Nun zeichnet sich aber zumindest bei Polizisten und Justizwachebeamten eine gewisse Korrektur der völlig aus dem Ruder gelaufenen Rechtsprechung ab. In einem Schriftsatz der Landespolizeidirektion Wien gibt diese zu, daß die Vergangenheit gezeigt hat, daß gerade Polizisten bzw. Polizeistationen ein gern gesehenes Terrorziel sind, um der Bevölkerung das Gefühl zu geben, daß selbst bewaffnete Einheiten nicht davor gefeit sind, selbst Opfer eines solchen Angriffes zu werden. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie die Landesämter Verfassungsschutz gehen von einer aus den jüngsten Ereignissen und Entwicklungen in Europa abgeleiteten erhöhten abstrakten terroristischen Gefährdungslage aus. Dazu zählen erfolgte wie vereitelte Anschläge sowie das speziell vom Ausland ausgebildeter Rückkehrenden (Foreign Fighters) und von radikalisierten, gewaltbereiten Menschen im Inland („Home-Grown-Jihadisten“) ausgehende Gefährdungspotential.“

„Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann nach Ansicht der Landespolizeidirektion Wien selbst bei vermehrten Ausstellungen von Waffenpässen an Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes keinesfalls von einer „erheblichen Erhöhung der mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren“ ausgegangen werden, sondern würde dem aktuell gesteigerten dargestellten phänomenbedingten Sicherheitsbedürfnis der betroffenen Bediensteten sowie der Bevölkerung vielmehr Rechnung getragen werden, wobei eine öffentliche Bekanntmachung, das eine Vielzahl von solchen Bediensteten auch privat in der Öffentlichkeit Schußwaffen führen dürfen, zudem eine nicht zu unterschätzende generalpräventive Wirkung – vor allem auch für Jihadisten – erzielen würde.“ (Revisionsbeantwortung der Landespolizeidirektion Wien in einem Verfahren, wo die Ausstellung eines Waffenpasses an einen Polizisten von der Landespolizeidirektion Wien verweigert wurde).

Diese Ausführungen müßten natürlich nicht nur für Polizisten, sondern auch für andere gefährdete Berufsgruppen gelten. Wie sieht es nun mal mit einem (privaten oder öffentlichen) Anklagevertreter aus, der einen Jihadisten oder andere gefährliche Personen angeklagt hat? Hätte es nicht auch generalpräventive Wirkung (abschreckende Wirkung), wenn bekannt wäre, daß auch ein Richter, ein Ankläger, ein Verteidiger oder ein Aufsichtsjäger mit einem Waffenpaß ausgestattet ist und es daher potentiell möglich wäre, daß dieser eine Faustfeuerwaffe führt?

Alles in allem kann gesagt werden, daß in der Materie Ausstellung eines Waffenpasses eine gewisse Bewegung entstanden ist. Zumindest in engen Bereichen wird zumindest wieder überlegt, einen Waffenpaß auszustellen.

DI Mag. Andreas Rippel

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