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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Waffensammler erneut im Fokus der EU und des Innenministeriums

Das Innenministerium hat einen Entwurf eines Schußwaffenkennzeichnungsgesetzes herausgegeben und zur Begutachtung ausgesendet Begutachtung (PDF). Dieser Entwurf soll die (zwingende) Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie sicherstellen und der Bekämpfung der mißbräuchlichen Verwendung von Schußwaffen für kriminelle Zwecke dienen.

Der Entwurf geht aber über die EU-Waffenrichtlinie hinaus und sieht auch die Kennzeichnung von historischen und technisch bedeutenden Originalwaffen vor. Die Kennzeichnung hat die Angaben zu dem Hersteller oder der Marke, dem Herstellungsland oder -ort, der Herstellungsnummer und dem Herstellungsjahr und wenn möglich die Type zu umfassen. Durch diese aufwendige Kennzeichnung von Schußwaffen werden Sammlerwaffen entwertet, da sie aufgrund dieser modernen Kennzeichnung nicht mehr im Originalzustand sind und nachträglich verändert wurden.

Die Kennzeichnung betrifft im Bereich der Sammlerwaffen selbst historische Schußwaffen, die am oder vor dem 01.01.1900 erzeugt wurden. Nur wenn diese Schußwaffen von besonderer historischer Bedeutung sind, entfällt die nachträgliche Kennzeichnung. Eine historische Bedeutung wird aber beispielsweise nicht dadurch begründet, daß die Schußwaffe im 1. Weltkrieg verwendet wurde.

Nach dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen sind nach dem Entwurf selbst dann zu kennzeichnen, wenn es sich um technisch bedeutende Einzelstücke oder auch Prototypen und Vorserienprodukte oder historische Prunkwaffen handelt. Eine Ausnahme für die Kennzeichnung ist nur vorgesehen, wenn der Waffe im Hinblick auf geschichtlich relevante Ereignisse oder Persönlichkeiten eine herausragende Bedeutung zukommt. Nicht nur, daß die Waffentechnik ohne Relevanz ist, muß im Zusammenhang mit geschichtlich relevanten Ereignissen oder Persönlichkeiten eine herausragende Bedeutung bestehen. De facto ist diese Ausnahmebestimmung quasi nur auf die Tatwaffe des Attentäters von Thronfolger Franz Ferdinand anzuwenden. Die Bestimmung ist so eng gefaßt, daß sie bedeutungslos ist. Dazu kommt noch, daß die Waffenbehörde das Bundesdenkmalamt (!) im Verfahren beizuziehen hat.

Die vorgeschlagene Regelung bedeutet einen drastischen Wertverlust von entsprechenden Sammlerwaffen, sie sind jedenfalls in Drittstaaten nicht mehr oder nur zu einem geringen Preis verkäuflich. Daß sowohl Schußwaffen, welche vor 1900 erzeugt wurden, als auch Prototypen, 0-Serien-Modelle und dergleichen kriminalpolitisch keine Bedeutung haben und sich ausschließlich in qualifizierten und polizeilich ständig kontrollierten Sammlerhänden befinden, läßt der Entwurf des Innenministeriums völlig unberücksichtigt.

Die nachträgliche Kennzeichnung von Sammlerwaffen ist teuer, vernichtet oder reduziert den Wert der Waffe und dient nicht dem Zweck der Bekämpfung der mißbräuchlichen Verwendung von Schußwaffen für kriminelle Zwecke.

Die IWÖ hat im Begutachtungsverfahren die untenstehende Stellungnahme abgegeben. Wir empfehlen insbesondere allen Waffensammlern unter BMI-III-1@bmi.gv.at und Begutachtungsverfahren@parlament.gv.at eine eigene Stellungnahme, und sei sie auch nur kurz gehalten, abzugeben und klar die unnotwendige Vernichtung von Vermögenswerten zu kritisieren. Gerne kann hierfür der Text der Stellungnahme der IWÖ vollständig oder gekürzt wiedergegeben werden. Handeln Sie jetzt, nach dem Beschluß des Nationalrates ist es zu spät!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Im Sinne Ihres Schreibens vom 20.07.2020 erstatten wir zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Kennzeichnung von Schußwaffen und wesentlichen Bestandteilen (Schußwaffenkennzeichnungsgesetz – SchKG) erlassen und das EU-Polizeikooperationsgesetz geändert wird, innerhalb offener Frist nachstehende

Stellungnahme,
die ausgeführt wird wie folgt:

Erklärtes Ziel der vom Rat und dem Europäischen Parlament beschlossenen Richtlinie (EU) 2017/853 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbers und des Besitzes von Waffen, ABl. NR. L 137 vom 24.05.2017 ist es, die mißbräuchliche Verwendung von Schußwaffen für kriminelle Zwecke zu bekämpfen. Die nunmehr vorgeschlagenen Bestimmungen gehen über diesen Zweck der Waffenrichtlinie teilweise weit hinaus und vernichten private Vermögenswerte. Die vorgeschlagenen Bestimmungen sind teilweise kein adäquates Mittel zur Erreichung des Zieles der Waffenrichtlinie, nämlich die Bekämpfung der mißbräuchlichen Verwendung von Schußwaffen für kriminelle Zwecke.

§ 4 Abs. 1 Z 3 des Entwurfes des Schußwaffenkennzeichnungsgesetzes sieht vor, daß dieses Bundesgesetz nicht gilt für: „Schußwaffen oder wesentliche Bestandteile von Schußwaffen von besonderer historischer Bedeutung“. Gemäß § 4 Abs. 2 des Entwurfes sind nach dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen oder wesentliche Bestandteile von Schußwaffen nur dann von besonderer historischer Bedeutung, wenn ihnen insbesondere im Hinblick auf geschichtlich relevante Ereignisse oder Persönlichkeiten eine herausragende Bedeutung zukommt. Die Behörde hat gemäß § 48 WaffG auf Antrag unter Beiziehung des Bundesdenkmalamtes festzustellen, ob eine Ausnahme im Sinne des Absatz 1 Z 3 vorliegt.

Nach den Erläuterungen zielt die vorgeschlagene Regelung wie bereits § 23 Abs. 2 WaffG darauf ab, das Sammeln historischer Waffen zu erleichtern. Dementsprechend sollen Schußwaffen oder wesentliche Bestandteile von Schußwaffen, die vor dem 01.01.1900 erzeugt wurden, aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters und der dadurch vorhandenen besonderen historischen Bedeutsamkeit nicht vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes umfaßt sein. Diesen in den Erläuterungen zusammengefaßten Anforderungen kommt der Entwurf des Schußwaffenkennzeichnungsgesetzes nicht nach, vielmehr dient es der Erschwerung des Sammelns historischer Originalwaffen. Dies aus zwei Gründen:

Der Entwurf des Schußwaffenkennzeichnungsgesetzes sieht entgegen den Erläuterungen nämlich nicht vor, daß vor dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes nicht umfaßt sind. Der Entwurf sieht lediglich spezielle Regelungen für nach dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen vor, eine spezielle Regelung für vor dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen ist nicht vorgesehen. Dies bedeutet, daß § 4 Abs. 1 Z 3 des Entwurfes anwendbar ist und entgegen den Erläuterungen sehr wohl von der Behörde zu überprüfen ist, ob die vor dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffe von besonderer historischer Bedeutung ist oder nicht.

Diese Überprüfung von technisch längst überholten und kriminalpolitisch völlig uninteressanten historischen Waffen auf besondere historische Bedeutung belastet unnötigerweise die staatliche Verwaltung und die privaten Waffenbesitzer.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu bedenken, daß die Kennzeichnung von Schußwaffen im Sinne des § 1 Schußwaffenkennzeichnungsgesetz den Wert einer historischen Originalwaffe vernichtet respektive stark herabsetzt. Derartige neu gekennzeichnete Waffen stellen keine Originalwaffen mehr dar und besitzen auf dem internationalen Markt keinen oder nur stark herabgesetzten Wert gegenüber unveränderten Originalwaffen. Ein derartiger Eingriff in die privaten Vermögenswerte ist verfassungsmäßig unzulässig, da er dem Ziel der Waffenrichtlinie, der Bekämpfung der mißbräuchlichen Verwendung von Schußwaffen, in keinster Weise dient. Originalwaffen, die vor 1900 erzeugt wurden, sind kriminalpolitisch bedeutungslos. Derartige Schußwaffen werden für kriminelle Zwecke aufgrund ihres Alters und der technischen Veralterung für kriminelle Zwecke nicht verwendet.

Es wird daher vorgeschlagen in das Schußwaffenkennzeichnungsgesetz explizit aufzunehmen, daß vor dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen oder wesentliche Bestandteile von Schußwaffen von besonderer historischer Bedeutung sind.

Der Entwurf sieht aber auch in einem zweiten Bereich eine kriminalpolitisch nutzlose Vernichtung von Vermögenswerten vor:

Wie bereits oben ausgeführt sieht § 4 Abs. 2 des Entwurfes vor, daß nur dann eine besondere historische Bedeutung vorliegt, wenn den Schußwaffen insbesondere im Hinblick auf geschichtlich relevante Ereignisse oder Persönlichkeiten eine herausragende Bedeutung zukommt. Im Verfahren auf Feststellung hat die Behörde das Bundesdenkmalamt beizuziehen.

Diese beabsichtigte gesetzliche Regelung wird defacto das Ergebnis haben, daß nach dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen nahezu niemals unter die Ausnahmebestimmungen des § 4 fallen. Für eine besondere historische Bedeutung reicht nach dem vorgeschlagenen Entwurf nämlich keine technische Bedeutung der Schußwaffe, beispielsweise in der Waffenentwicklung. Die Bedeutung muß sich auf geschichtlich relevante Ereignisse oder Persönlichkeiten beziehen, was technisch bedeutende Schußwaffenkonstruktionen von der Ausnahmebestimmung nicht umfassen läßt. Dazu kommt noch verschärfend, daß die Bedeutung „herausragend“ sein muß, was vielleicht auf die Attentatswaffe gegen Thronfolger Franz Ferdinand zutreffen wird, aber ansonsten nahezu für keine Waffe.

Auch die Beiziehung des Bundesdenkmalamtes ist aufwendig und unnotwendig, beispielsweise würde die Vorlage eines dementsprechenden Sachverständigengutachtens eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen ausreichen.

Diese Bestimmung hat weitreichende Auswirkungen auf die Vermögenswerte von privaten Sammlern, da beispielsweise auch Konstruktionsvorstufen oder 0-Serien-Modelle nachträglich gekennzeichnet und damit drastisch entwertet werden würden. Die Kennzeichnungspflicht trifft damit kriminalpolitisch völlig uninteressante Waffen, die in den Händen von besonders qualifizierten und ständig polizeilich kontrollierten Sammlerhänden sind. Das gleiche gilt auch für andere Sammlerwaffen, wie beispielsweise Westentaschenwaffen in den Kalibern .22 oder 6,35. Auch diese Waffen werden für kriminelle Zwecke nicht mißbräuchlich verwendet. Auch für diese Waffen gilt, daß eine nachträgliche moderne Kennzeichnung dieser Waffen einen drastischen Vermögensverlust zur Folge hätte. Dazu kommt, daß die vorgeschlagene Regelung kein adäquates und notwendiges Mittel zur Erreichung des Zweckes der Waffenrichtlinie ist.

Zusammengefaßt ist daher zu sagen, daß der Entwurf entgegen den Erläuterungen nicht auf die Erleichterung des Sammelns von Originalwaffen abzielt, sondern vielmehr das Sammeln von Originalwaffen erschwert und die Vermögenswerte von anerkannten Sammlern drastisch vernichtet.

Vorgeschlagen wird daher eine Regelung, die vorsieht, daß nach dem 01.01.1900 erzeugte Schußwaffen oder wesentliche Bestandteile von Schußwaffen dann von besonderer historischer Bedeutung sind, wenn ihnen insbesondere im Hinblick auf technische Entwicklungen oder auf geschichtlich relevante Ereignisse oder Persönlichkeiten eine Bedeutung (und nicht eine herausragende Bedeutung) zukommt. Der Antragssteller gemäß § 48 WaffG hätte der Behörde ein entsprechendes Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vorzulegen. Die Beiziehung des Bundesdenkmalamtes hat zu entfallen.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, daß das Vorsehen einer Geldstrafe bis zu € 10.000,00 oder einer primären Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen beispielsweise bei einer Nichtkennzeichnung einer klassischen Sammlerwaffe drastisch überhöht ist und kriminalpolitisch nicht zu rechtfertigen ist.

Mit vorzüglicher Hochachtung

DI Mag. Andreas Rippel
Präsident der IWÖ

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