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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Achtung Gefahr: Große Stolpersteine bei der Deaktivierung von ehemaligem Kriegsmaterial

Mit dem 01.10.2012 sind auch Bestimmungen hinsichtlich der Deaktivierung von Schußwaffen und als Schußwaffen anzusehendem Kriegsmaterial in Kraft getreten. Der einzige Lichtblick dieser Bestimmungen ist, daß zumindest von Seiten des Gesetzgebers die Möglichkeit der Deaktivierung anerkannt wurde.

Der Rest der Bestimmungen hat es aber in sich, dem legalen Besitzer von Altmetall wurden trickreich Fußangeln auf den Weg gelegt. Die Handschrift des Verteidigungsministeriums ist unverkennbar.

Im Detail:
Gemäß § 42b Waffengesetz 1996 (WaffG) sind Schußwaffen, einschließlich der als Kriegsmaterial anzusehenden Schußwaffen sowie Läufe und Verschlüsse deaktiviert, wenn alle wesentlichen Bestandteile dieser Gegenstände irreversibel unbrauchbar sind und nicht mehr entfernt oder ausgetauscht oder in einer anderen Weise umgebaut werden können, die jeweils eine Wiederverwendbarkeit als Waffe ermöglicht und diese Gegenstände als deaktiviert gekennzeichnet sind.

Der erste Teil der Bestimmung, daß alle wesentlichen Bestandteile dieser Schußwaffen irreversibel unbrauchbar sein müssen, ist grundsätzlich unbestritten. (Welche Umbauarbeiten durchgeführt sein müssen um nach Meinung des Ministeriums von einer irreversiblen Unbrauchbarkeit sprechen zu können, ist ein anderes Thema.) Der zweite Teil der Bestimmung, daß die Gegenstände als deaktiviert gekennzeichnet sein müssen, schaut beim ersten Hinsehen noch harmlos aus, ist aber in Wahrheit ein böser Stolperstein.

Schauen wir uns die Realität an: Derzeit befindet sich eine jedenfalls nicht unerhebliche Menge von deaktiviertem Kriegsmaterial, soll heißen Altmetall in privaten (Sammler-)händen. Dieses deaktivierte Kriegsmaterial wurde teilweise sogar vom Verteidigungsministerium selbst veräußert, den Personen wurden auch entsprechende Zertifikate ausgehändigt. Aus gutem Grund können daher diese Sammler, die im Besitz von derartigen Gegenständen sind auch annehmen, daß ihr Besitz legal ist. Weit gefehlt: Nunmehr muß neben den Umbauarbeiten noch zusätzlich eine Kennzeichnung des Gegenstandes stattfinden, andernfalls handelt es sich trotz Deaktivierung um Kriegsmaterial!

Aus gut informierten Quellen ist der IWÖ auch bekannt, daß die (neuen) technischen Anforderungen an die Maßnahmen, die nach Meinung des Verteidigungsministeriums die jeweilige Wiederverwendbarkeit von deaktiviertem Kriegsmaterial ausschließen, so hoch sind, daß praktisch kein derzeit im Umlauf befindliches deaktiviertes Kriegsmaterial den (neuen) Anforderungen entspricht.

Was bedeutet dies: Ganz einfach, die zahlreichen Besitzer von deaktiviertem Kriegsmaterial, welches teilweise sogar vom Verteidigungsministerium verkauft wurde und für das die Besitzer ein entsprechendes Zertifikat bekommen haben, sitzen auf einem waffenrechtlichen Pulverfaß.

Menschen, die am 01.10.2012 im Besitz von als Schußwaffen anzusehendem Kriegsmaterial sind, die nach anderen Kriterien als nach den nunmehr genannten dauernd unbrauchbar gemacht wurden (das heißt diese Bestimmung trifft nahezu jedes bisher deaktivierte Kriegsmaterial) haben bis zum 30.09.2013 durch einen ermächtigten Gewerbetreibenden eine Kennzeichnung vornehmen zu lassen. Wird dies unterlassen, beispielsweise weil die sehr kurz gehaltene Frist überschritten wird oder weil beispielsweise der bisherige „Altmetallsammler“ auf das ihm überreichte Zertifikat vertraut, dann besitzt er plötzlich ab 01.10.2013 anstatt Altmetall Kriegsmaterial. Und was dies bedeutet, kann sich wohl jeder denken: Da es sich um illegalen Besitz von Kriegsmaterial handelt (trotz Zertifikat vom Verteidigungsministerium!), verwirklicht der Besitzer ein gerichtlich strafbares Delikt und wird vom Gericht bestraft werden. Zusätzlich verliert der ehemalige Altmetallsammler wahrscheinlich auch jegliche waffenrechtliche Verläßlichkeit und so manche Behörden werden nicht einmal davor zurückschrecken, ein lebenslanges Waffenverbot zu verhängen.

Also Achtung: Bis zum 30.09.2013 muß sämtliches nach den alten Bestimmungen deaktivierte als Schußwaffen anzusehendes Kriegsmaterial einem speziell dafür befugten Gewerbetreibenden vorgelegt werden. Da die derzeit im Umlauf befindlichen Stücke den neuen Anforderungen nicht entsprechen, müssen entweder entsprechende Umbauarbeiten beim befugten Gewerbetreibenden beauftragt werden oder der Besitzer von „Altmetall“ muß einen Antrag auf Ausnahmebewilligung zum Besitz von Kriegsmaterial beim Verteidigungsministerium stellen. Wird dies unterlassen, warten bereits die Staatsanwaltschaft, der Richter und die Waffenbehörden.

Wahnsinn? Ohne jeden Zweifel! Die Bestimmungen sind sicherheitspolitischer Unsinn, die Übergangsfristen sind viel zu kurz und der IWÖ ist auch bekannt, daß die befugten Gewerbetreibenden, die die nunmehr erforderliche Kennzeichnung momentan durchführen dürfen, auf einer Hand abzuzählen sind. Wenn man noch bedenkt, daß es außer den IWÖ-Nachrichten keine Informationen über diese geänderten Wahnsinnsbestimmungen gibt, dann kann man sich lebhaft vorstellen, welche großen Mengen an Kriegsmaterial ab dem 01.10.2013 im Umlauf sein werden.

Zum Abschluß noch ein weiters Schmankerl dieser Bestimmungen:
Wird deaktiviertes Kriegsmaterial dem befugten Gewerbetreibenden, der speziell dazu ermächtigt ist, vorgelegt und kann dieser den strengen technischen Anforderungen gemäß (nach Umbauarbeiten) die neue Deaktivierungskennzeichnung auf dem Altmetall anbringen, dann hat dies der Gewerbetreibende der zuständigen Waffenbehörde (!!) und so weit es sich um Kriegsmaterial handelt, auch dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu melden. Diese Meldung hat Namen und Anschrift des Besitzers, Marke, Type, Kaliber und Herstellungsnummer sowie das Datum der Kennzeichnung zu umfassen. Toll nicht? Die Besitzer von deaktiviertem Kriegsmaterial, wo alle wesentlichen Bestandteile dieser Gegenstände irreversibel unbrauchbar sind und nicht mehr entfernt oder ausgetauscht oder in einer Weise umgebaut werden können, die jeweils eine Wiederverwendbarkeit als Waffe ermöglicht, werden bei der Waffenbehörde und dem Bundesministerium für Landesverteidigung registriert.

Wissen Sie nun auf welchem Mist diese Bestimmungen gewachsen sind? Lange wird man nicht nachdenken müssen.

Mag. iur. Eva-Maria Rippel-Held

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