Zentrales Waffenregister – gleichbedeutend mit Verbrecherkartei? Oder auch der Legalwaffenbesitzer als potentieller Verbrecher
Das Zentrale Waffenregister (ZWR) dient doch der inneren Sicherheit Österreichs, derartiges wurde uns zumindest bei der Schaffung des ZWR eingeredet. Geglaubt haben wir es schon damals nicht, aber wie der vorliegende Vorfall zeigt, wird das Zentrale Waffenregister geradezu mit einer Verbrecherkartei gleichgesetzt.
Was ist geschehen?
Vor der Nationalratswahl 2017 fährt ein Wahlkampfhelfer einer österreichischen Partei mit seinem PKW spät abends in einer österreichischen Stadt. Er ist unterwegs um Wahlplakate für seine Partei aufzustellen. Etwas vor Mitternacht hört er zwei Schüsse und nimmt wahr, wie das kleine Dreiecksfenster in seinem PKW zerspringt. Naturgemäß braust der Wahlkampfhelfer davon und fährt zur nächsten Polizeiinspektion. Er gibt dort aufgeregt an, daß auf ihn geschossen wurde. Auch gibt er den Ort des Vorfalles an und zeigt das Einschußloch.
Die sofort alarmierten Polizeikräfte stellen fest, daß es sich um das Einschußloch vermutlich aus einer Luftdruckpistole oder einem Luftdruckgewehr handelt. Aufgefunden wird auch ein Lackschaden auf der Motorhaube, der ebenfalls durch das Geschoß aus der Luftdruckwaffe stammen könnte. Sofort wird das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Referat Staatsschutz beizogen und werden Ermittlungen wegen „absichtlich schwerer Körperverletzung“ (mit einer Luftdruckwaffe??) eingeleitet.
Da der Wahlkampfhelfer ja angeben konnte, wo sein Fahrzeug mit der Luftdruckwaffe beschossen wurde, ließ sich natürlich auch der Tatort sehr leicht eruieren. Die Schüsse mußten aus einem umliegenden Haus oder allenfalls von der Straße abgegeben worden sein.
Und nun begann die kriminalistische Arbeit des Staatsschutzes. Man erinnerte sich, daß es doch eine Kartei mit Verbrechern gibt, die besonders durch Straftaten im Zusammenhang mit Schußwaffen hervortreten: Das Zentrale Waffenregister!
Wer ist im Zentralen Waffenregister registriert? Jene gesetzestreuen Bürger, die sich die Mühe, den Aufwand, die Kosten und die Unannehmlichkeiten antun, eine legale Schußwaffe staatlich zu registrieren, oder die Verbrecher, die Straftaten begehen, aber in einem Anflug von Gesetzestreue ihre Schußwaffen registrieren haben lassen?
Nun die Meinung der Polizei über die Personen, welche ihre Waffen im Zentralen Waffenregister registrieren haben lassen, wissen wir nun: Es sind die Verbrecher!
Da man ja wie gesagt den Tatort wußte, ermittelte man durch polizeilichen Spürsinn den Täter sofort durch eine Nachschau im Zentralen Waffenregister: Man stieß auf einen Sportschützen, der mehrere Waffen unterschiedlicher Kategorien registriert hatte. Dieser ältere Sportschütze war Zeit seines Lebens noch nie polizeilich in Erscheinung getreten, in der Personenfahndung des Innenministeriums schien keine Vormerkung auf, weiters schienen keine Vormerkungen in der Personeninformation des Bundesministeriums für Inneres und im Schengener Informationssystem auf. Im Strafregister der Republik Österreich schien keine Verurteilung auf und auch im kriminalpolizeilichen Aktenindex des Bundesministeriums für Inneres schien keine Vormerkung auf.
Aber – der Betroffene besaß eine legale Waffe, daher mußte er der Täter sein!!
Sofort wurde ein österreichisches Sondereinsatzkommando (SEK) beigezogen, das rückte prompt zum Wohnhaus des Sportschützen ab. Gleichzeitig wurde die zuständige Staatsanwältin mit dem Sachverhalt mündlich vertraut gemacht und wurde von der Staatsanwaltschaft sofort der Auftrag zur Durchführung einer Hausdurchsuchung an der Wohnadresse des Sportschützen samt dazugehörigem Dachgeschoß und Kellerabteil erteilt. Weiters wurde die sofortige Vorführung zur Vernehmung (eine Art Verhaftung) angeordnet.
In weiterer Folge wurde durch das Sondereinsatzkommando das betreffende Wohnhaus in „gesicherter Formation“ betreten. Andere Parteien in diesem Wohnhaus als den Sportschützen ließ man unbeachtet, man wußte ja bereits aufgrund der Nachschau im Zentralen Waffenregister den Täter!! Als der Sportschütze etwas vor Mitternacht die Türe öffnete, sah er sofort in den Lauf von Schußwaffen des SEK, das in Einsatzadjustierung angerückt kam. Sofort wurde der Sportschütze unter Wahrung der Eigensicherung der Polizei „überwältigt“. Auch die Ehefrau des Sportschützen wurde erfolgreich im gemeinsamen Ehebett „überwältigt“, man gestattete ihr freundlicher weise sogar die Tuchent um den Körper zu wickeln, damit sie nicht nackt die Wohnung verlassen mußte.
Sofort schritten die Einsatzkräfte auch zur Sicherung der bei der Straftat verwendeten Waffe und mußte der Sportschütze seinen Waffenschrank öffnen, in dem sich seine sämtlichen Schußwaffen wohl verwahrt und sicher befanden. Die Waffen wurden sofort beschlagnahmt und der Sportschütze „verhaftet“.
In den frühen Morgenstunden wurde der Sportschütze von der Polizei wieder „ausgelassen“, es wurde über ihn ein Waffenverbot verhängt.
Und wie ist die Sache weitergegangen?
Nun, ganz einfach: Innerhalb kurzer Zeit kam die Polizei darauf, daß der Sportschütze doch nicht der Täter ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung formuliert es in einem Schreiben so: Es „wird mitgeteilt, daß aufgrund der bisherigen Erhebungen kein konkreter Hinweis festgestellt werden konnte, daß es sich bei … tatsächlich um jene Person handelt, die vermutlich mit einer Luftdruckwaffe auf ein Fahrzeug geschossen hat.“
Aus den vorliegenden polizeilichen Unterlagen geht nicht hervor, daß man den wahren Täter ausgeforscht hätte. Vermutlich war dieser mit seinen Waffen doch nicht im Zentralen Waffenregister registriert.
DI Mag. Andreas Rippel