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IWÖ – Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich

Wie ein medizinischer Notfall zu einem Waffenverbot und einem Strafverfahren führt. Eine völlig unglaubliche Geschichte aus der Steiermark.

Daß Waffenverbote durch Polizeibeamte äußerst rasch ausgesprochen werden, ist bekannt. Daß der Ausspruch vielleicht manchmal „zu“ rasch ausgesprochen wird, ist vielleicht nachvollziehbar. Jeder Polizist hat im Hinterkopf, daß doch etwas „passieren“ könnte und dann möchte er sich nicht dem Vorwurf stellen, warum er ein Waffenverbot nicht ausgesprochen hat.

Der folgende Vorfall in der Steiermark eröffnet aber eine völlig neue Dimension. Aber urteilen Sie selbst:

Der Inhaber einer Waffenbesitzkarte, nennen wir ihn Herrn Kirchberger, besitzt eine Schußwaffe der Kategorie B. Es handelt sich um eine herkömmliche halbautomatische Schrotflinte. Die Waffe hat geringfügige Zuführprobleme, Herrn Kirchberger wird empfohlen eine Feder, welche für das Zuführen der Patronen verantwortlich ist, zu dehnen.

Als an einem Sonntag die Lebensgefährtin und die Kinder nicht zu Hause sind, entnimmt Herr Kirchberger den Schrot-Halbautomat dem Waffenschrank in seinem Wohnhaus und manipuliert an der besagten Feder.

Nach einiger Zeit kommt die Lebensgefährtin des Waffenbesitzers mit den Kindern wieder zurück und begeben sie sich in die Küche des Wohnhauses. In einem anderen Raum hantiert Herr Kirchberger alleine weiter an seiner Waffe und testet, ob sich Patronen problemlos in die Waffe hinein- und wieder hinausrepetieren lassen. Er macht dies in eine sichere Richtung, niemand ist gefährdet oder kann irgendwie zu Schaden kommen.

Bereits seit dem Morgen hatte Herr Kirchberger leichte Schmerzen in der Brust, er fühlte sich aber relativ wohl. Herr Kirchberger war auch Corona getestet und ging von einem grippalen Infekt aus.

Beim sachkundigen Hantieren mit der Waffe wurde Herrn Kirchberger plötzlich schlecht und schwarz vor den Augen. Er konnte die Waffe (geladen und gesichert) gerade noch abstellen um sich zu seiner Lebensgefährtin zu schleppen. Es gelang ihm nicht mehr sich hinzusetzen, sondern er brach vor dem Tisch bewußtlos zusammen. Umgehend wurde ein Notruf durchgeführt.

Lange Rede, kurzer Sinn, der Notarzt kommt und meint, daß Herr Kirchberger so rasch als möglich mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert und auf die Intensivstation gebracht werden muß.

Zusätzlich zum Notarzt sind aufgrund des Notrufes auch zwei Polizeibeamte der nahe gelegenen Polizeiinspektion erschienen.

Nach einiger Zeit bemerkt ein Polizeibeamter, daß an der Wand die halbautomatische Schrotflinte lehnt. Er fragt die Lebensgefährtin von Herr Kirchberger, ob dies eine echte Waffe sei. Diese antwortet, daß sie das schon vermute, Herr Kirchberger ist Jäger.

Daraufhin nahm der Polizeibeamte die Schrotflinte, ging auf die Lebensgefährtin von Herrn Kirchberger zu und drückte ihr die Waffe mit der Aufforderung in die Hand, sie wegzugeben. Der Polizeibeamte kontrollierte nicht, ob die Waffe geladen und/oder gesichert war. Die Lebensgefährtin von Herrn Kirchberger besitzt weder ein waffenrechtliches Dokument, noch ist sie waffentechnisch geschult.

Nachdem der Rettungshubschrauber mit Herrn Kirchberger in das Spital abgeflogen ist, verließen auch die beiden Polizeibeamten den Ort des Geschehens und dürften sich auf die lokale Polizeiinspektion begeben haben.

Rund eine dreiviertel Stunde nach Übergabe des Gewehrs an die Lebensgefährtin kontaktierte der Polizeibeamte die Lebensgefährtin von Herrn Kirchberger telefonisch. Der Beamte teilte mit, daß er noch einmal vorbeikommen müsse. Kurze Zeit nach dem Telefonat erschien der Polizeibeamte wieder und forderte die Lebensgefährtin auf ihm die Schrotflinte zu übergeben. Dieser Aufforderung wurde mit den Worten: „Machen Sie es nicht noch schlimmer, als es eh schon ist“ Druck verliehen.

Die Lebensgefährtin von Herr Kirchberger, die sich jetzt eigentlich überhaupt nicht mehr auskannte, übergab dem Polizeibeamten die Schrotflinte.

In der Folge besah sich der Polizeibeamte die halbautomatische Schrotflinte und öffnete abermals nicht den Verschluß. Der Beamte konnte daher noch immer nicht gewußt haben, ob die Waffe geladen oder entladen war. Als ein dann anwesendes Familienmitglied scherzhaft bemerkte, der Beamte solle doch in Richtung Wald halten und schauen, ob die Waffe geladen ist, machte der Beamte das auch und drückte einfach ab!! Die Schrotflinte war zu diesem Zeitpunkt geladen, aber gesichert. Zumindest meiner Auffassung nach ist es grob fahrlässig mit einer derartigen Waffe – von der man den Ladezustand und den Sicherungszustand nicht weiß – einfach in Richtung Wald zu halten und abzudrücken. Der Gefährdungsbereich beispielsweise bei einem Flintenlaufgeschoß beträgt immerhin 1.500 Meter!! Daß ein Wald kein geeigneter Kugelfang ist, sollte man eigentlich auch wissen.

So, jetzt darf ich Sie bitten darüber nachzudenken: Wer hat hier etwas falsch gemacht? Herr Kirchberger, die Lebensgefährtin oder der Polizeibeamte?

Die Antwort auf diese Frage hat zumindest mich gröblichst verwundert: Gegen Herrn Kirchberger wurde vom besagten Polizeibeamten nämlich ein Waffenverbot aufgrund dieses Vorfalles ausgesprochen. Herr Kirchberger hat die Waffe, als ihm schwindlig und schwarz vor den Augen wurde, nicht mehr ordnungsgemäß verwahrt. Er ist einfach bewußtlos zusammengebrochen und hat sich dann mit dem Rettungshubschrauber auf die Intensivstation fliegen lassen. Ein ordnungsgemäßer Waffenbesitzer hätte natürlich vorher die Waffe noch im Waffenschrank verwahrt und hätte mit der Bewußtlosigkeit noch zugewartet.

Ach so, der Polizeibeamte hat persönlich der Lebensgefährtin die geladene halbautomatische Schrotflinte in die Hand gedrückt… Nun ja, gerade hier sieht man, wie gefährlich der Waffenbesitzer doch gehandelt hat und es wurde wohl offensichtlich zurecht ein Waffenverbot über Herrn Kirchberger ausgesprochen…

Da natürlich das Gesetz ordnungsgemäß vollzogen werden muß, hat der Polizeibeamte gegen Herrn Kirchberger zusätzlich auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Herr Kirchberger wird jetzt als Beschuldigter in einem gerichtlichen Strafverfahren geführt. Was hat Herr Kirchberger angestellt? Nun, er ist einfach bewußtlos zusammengebrochen und hat die Waffe nicht ordnungsgemäß verwahrt, sondern er hat die Waffe einfach auf den Boden gestellt. Durch dieses auf den Boden Stellen hat er zumindest fahrlässig seiner Lebensgefährtin die Waffe überlassen. Die Überlassung einer Schußwaffe der Kategorie B an einen Unbefugten ist ein gerichtlich strafbares Delikt. Herr Kirchberger wird daher als Beschuldigter geführt. Ach so, auch hier, es war der Polizeibeamte, der der Lebensgefährtin von Herrn Kirchberger die Waffe in die Hand gedrückt hat? Egal, genau jener Polizeibeamte, der der Lebensgefährtin von Herrn Kirchberger die Waffe in die Hand gedrückt hat, ist leitender Beamter im Ermittlungsverfahren gegen Herrn Kirchberger.

Es gibt Polizeibeamte, die ihren Dienst hervorragend verrichten und dann gibt es Polizeibeamte, die ihren Dienst … aber bitte urteilen Sie selbst!

DI Mag. Andreas Rippel

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